Nach einer Studie schützen Masern-Impfungen auch vor anderen Erkrankungen. Prof. Dr. Christian Bogdan warnt vor dramatischen Folgen sollte die Impfquote sinken. Foto: © David Hartfiel
Nach einer Studie schützen Masern-Impfungen auch vor anderen Erkrankungen. Prof. Dr. Christian Bogdan warnt vor dramatischen Folgen sollte die Impfquote sinken. Foto: © David Hartfiel

Rückgang von Masern-Impfungen würde zu Epidemien führen

Die Impfung gegen Masern schützt nicht nur vor einer Infektion mit dem gefährlichen Virus, sondern sie trägt indirekt auch zum Schutz vor anderen Erregern bei. Das haben amerikanische Wissenschaftler in einer Langzeitstudie herausgefunden. Prof. Dr. Christian Bogdan, Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut und des Beirats der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI) erklärt die Folgen von einer Infektion mit Masernviren und wie sie vermieden werden könnte.

Welche langfristigen Auswirkungen hat eine Infektion mit Masern für das Immunsystem?

Prof. Dr. Christian Bogdan: In der Folge einer Maserninfektion kann es einerseits zu unmittelbaren virusbedingten Komplikationen, andererseits auch zu Folgeerkrankungen kommen. Zu den virusbedingten Komplikationen zählt zum Beispiel die Masernmittelohrentzündung, die Masernpneumonie, die parainfektiöse Masernenzephalitis (Häufigkeit ca. einer von 1000) oder die stets tödlich verlaufende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Jüngere Studien haben gezeigt, dass bei einer Maserninfektion im Vorschulalter die Inzidenz der SSPE bei ca. 1: 3.000 bis 1: 10.000 und damit deutlich häufiger ist, als früher angenommen.

Welche Erkenntnisse gibt es über Folgeerkrankungen nach einer Ansteckung mit Masernviren?

Prof. Bogdan: Das Masernvirus verursacht eine deutliche Abwehrschwäche, die unter anderem die natürlichen Killerzellen, die B-Lymphozyten und die T-Lymphozyten des Immunsystems betrifft. Diese Immunsuppression beeinträchtigt über einen längeren Zeitraum die Abwehrleistung gegenüber anderen Infektionserregern. Das Immunsystem ist geschwächt und kann andere Viren oder Bakterien nicht so effektiv bekämpfen wie noch vor einer Infektion mit dem Masern-Virus. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Masern-impfung nicht nur vor Masern schützt, sondern durch Verhinderung der Immunsuppression auch vor anderen Erregern.

Was würde passieren, wenn die Impfquote in Deutschland weiter sinken würde?

Prof. Bogdan: Durch Impfstoffe konnten die Masern hierzulande erfolgreich zurückgedrängt werden. Sinken die Impfquoten weiter oder ließe plötzlich niemand mehr seine Kinder impfen, hätten wir eine Situation wie vor 100 Jahren mit großen Masernausbrüchen, Komplikationen und Folgeerkrankungen. Grundsätzlich hat sich die Impfsituation in den vergangenen zehn bis 15 Jahren deutlich verbessert. Nur die  zweite Masernimpfung, die für einen langfristigen Schutz notwendig ist, wird nach wie vor bei vielen Kleinkindern zu spät oder auch gar nicht appliziert. Um einen möglichst großen Schutz zu haben, bräuchten wir eine Impfquote von über 95 Prozent auch bei der zweiten Masernimpfung. Solange wir  darunter liegen und nach 1970 Geborene ungeimpft bleiben, , wird es weiterhin Masernausbrüche geben.

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