Politiker stellen AMNOG-Änderungen in Aussicht

Die Diskussion um eine Reform des AMNOG hat beim Hauptstadtkongress in Berlin neue Nahrung erhalten. Wie die Industrie wollen grundsätzlich auch die Bundespolitiker an dem Gesetz festhalten. Doch für das häufig als „lernendes System“ bezeichnete Verfahren dürfte eine Reform anstehen.

Die AMNOG Reform ist dieser Tage ein Dauerbrenner auf der politischen Agenda. Am Dienstag hatte sich der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) mit einem Gutachten zum Gesetz positioniert. Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), reagierte prompt auf die darin enthaltene Forderung, den Posten des GKV Spitzenverbandes im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu streichen und damit den Einfluss der Kassen auf die frühe Nutzenbewertung für innovative Arzneimittel zu beschneiden. Dem erteilte der Staatssekretär jedoch eine klare Absage. „Ein rein neutrales Gremium kann es nicht geben“, konstatierte Stroppe. Er befürworte, dass wie zurzeit üblich alle am Prozess Beteiligten zu Verhandlungen an einen Tisch gebracht würden.

Stroppe kann sich AMNOG-Änderungen vorstellen

Bei der Kongress-Veranstaltung „AMNOG 2.0 – Zukunftsfähige Lösungsansätze für chronische Erkrankungen“ brachte der Bundespolitiker die Problematik bei der Gesundheitsversorgung in Deutschland auf den Punkt. Stroppe nannte die Zielsetzung der Bundesregierung: Angesichts neuer und mehr Krankheiten aufgrund einer alternden Gesellschaft sollen neue und innovative Arzneimittel schnellstmöglich zur Verfügung stehen. Ist das AMNOG dabei hinderlich? „Wenn Firmen die mit der Forschung verbundenen Investitionen nicht einholen können“, sei das ein Problem. Diesen Punkt der Anerkennung der Forschungskosten im Rahmen der Preisverhandlungen hatte auch  der BPI in seinem Gutachten angeführt. Dennoch, schränkte Stroppe ein, müssten die Kosten für das Gesundheitssystem im Blick behalten werden.

An den Grundfesten des Verfahrens der frühen Nutzenbewertung mit G-BA und IQWiG will Stroppe nicht rütteln. „In einigen Bereichen sind Änderungen denkbar“, sagte der Politiker. Dies sei auch Thema beim Pharma-Dialog. So sei zu prüfen, wie die europäische und die deutsche Zulassungsbehörde bei der Nutzenbewertung künftig berücksichtigt werden könnten.

Probleme für Arzneien gegen chronische Erkrankungen

Die Pharmaunternehmen würden eine solche Reform begrüßen. Auf dem Hauptstadtkongress zeigte Prof. Dr. W. Dieter Paar, Leiter der Medizinischen Abteilung von Sanofi-Aventis, in seinem Vortrag auf, wie häufig Medikamente gegen Diabetes und Multiple Sklerose im Gegensatz zu Onkologika ohne einen Zusatznutzen aus dem AMNOG-Verfahren hervorgingen. Erneut wurde deutlich: Arzneien gegen chronische Erkrankungen haben es schwer eine positive Nutzenbewertung zu erhalten. Als Grund nannte Paar die Festlegung auf eine Zweckmäßige Vergleichstherapie (ZVT). Bei Diabetes-Präparaten etwa sei es so gut wie unmöglich, die geforderten Studien vorzulegen. „Denn dann müsste diese 15 bis 20 Jahre dauern“, argumentierte Prof. Paar. Stattdessen werden bei dieser Arzneimittelgruppe Surrogatparameter verwendet. Das führt bei der frühen Nutzenbewertung des IQWiG allerdings zu Abwertungen. Diese Benachteiligung von Therapien für chronische Krankheiten hatte auch der G-BA Vorsitzende Prof. Josef Hecken kürzlich angemerkt. Prof. Paar würde daher die Einbindung von Fachgesellschaften und Zulassungsbehörden beim AMNOG-Verfahren begrüßen.

Kassenvertreter denkt an AMNOG-Änderungen

Auch wenn Uwe Deh, Geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes, das AMNOG bei der anschließenden Diskussion als „extrem gut funktionierendes System“ bezeichnete, räumte er ein, dass man dabei ein bis zwei Punkte im Blick haben müsste. Er erneuerte außerdem die Forderung nach einem festgelegten Erstattungspreis vom ersten Tag an. Diesem Ziel hatten Gesundheitspolitiker wiederholt klare Absagen erteilt.

Politikerinnen halten Nutzenbewertung für verbesserungswürdig

Bei einer weiteren Kongressveranstaltung war das AMNOG ebenfalls Diskussionsthema. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler erklärte: „Die Nutzenbewertung ist verbesserungswürdig.“ Sachverständige sollten obligatorisch darin eingebunden werden. Der G-BA habe bislang davon viel zu wenig Gebrauch gemacht. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Sabine Dittmar pflichtete ihr bei: „Es ist klar, dass wir bei der Zweckmäßigen Vergleichstherapie Verbesserungen brauchen.“ Die Arzneimittelhersteller spielten eine wichtige Rolle, um den Zugang zu innovativen Arzneien zu ermöglichen.

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