Demenz: Nur jeder Zweite bekommt eine Diagnose. Das Projekt MOPEAD will das ändern.
Demenz: Nur jeder Zweite bekommt eine Diagnose. Das Projekt MOPEAD will das ändern.

Alzheimer-Diagnose: Je früher, desto besser

In Europa erhält nur rund jeder zweite Demenz-Erkrankte eine Diagnose. Das beraubt diese Menschen der Chance auf eine Behandlung. Ein europäisches Projekt, bei dem Demenz-Experten aus Wissenschaft und Praxis, Patientenorganisationen und forschende Pharmaunternehmen zusammenarbeiten, will das ändern.

Das Szenario ist erschreckend. Die Zahl der Demenzerkrankten dürfte sich bis zum Jahr 2050 in Europa fast verdreifachen – auf rund 131 Millionen Menschen. Alzheimer ist dabei die häufigste unter den Demenzerkrankungen. Experten gehen davon aus, dass heute rund die Hälfte der Betroffenen nicht diagnostiziert werden. Auch wenn Alzheimer bis heute nicht heilbar ist, profitieren die Menschen von einer frühen Diagnose auf vielfältige Weise (s. Grafik). Oder umgekehrt: Wer nicht diagnostiziert ist, kann sich nicht mit Lebensstilveränderungen auf die Krankheit einstellen, zusammen mit den Angehörigen die Weichen für die Zukunft stellen, bekommt nicht die notwendige Betreuung und Medikamente und hat keine Chance, an klinischen Studien teilzunehmen. MOPEAD (Models Of Patient Engagement for Alzheimer’s Disease) will das ändern. Dieses auf drei Jahre angelegte Projekt, gefördert von der Innovative Medicines Initiative (IMI), hat ganz unbescheiden das Ziel ausgegeben, in Europa einen Paradigmenwechsel zu erreichen: Weg von der späten und hin zu einer möglichst frühen Diagnose von Alzheimer. Dazu testet MOPEAD in fünf EU-Ländern vier verschiedene Modelle, um die Hürden, die einer frühen Diagnose im Weg stehen, zu identifizieren und zu umgehen. Deutschland gehört dazu – die Uniklinik Köln ist einer der Projekt-Partner.

Alzheimer: Nur wer die Diagnose kennt, kann an einer Studie teilnehmen

Gesamtprojektleiterin von MOPEAD ist Laura Campo vom Unternehmen Lilly. Sie begründet, warum das forschende Pharmaunternehmen, das seit Jahren im Kampf gegen Alzheimer viele klinische Studien initiiert hat, sich in dem Projekt engagiert: „Im klinischen Alltag wird die Diagnose erst spät im Verlauf der Krankheit gestellt – an einem Punkt, an dem der neurologische Verfall nicht mehr verlangsamt, gestoppt oder umgekehrt werden kann. Eine frühe Diagnose bietet den Betroffenen die Möglichkeit, die Dinge zu tun, die ihnen wichtig sind – und z.B. darüber zu entscheiden, ob sie an einer klinischen Studie teilnehmen wollen.“ MOPEAD will deshalb vier verschiedene Strategien testen, um die „versteckten“ Fälle kognitiver Störung zu identifizieren. „Deshalb ist MOPEAD auch eine Antwort auf die dringende Notwendigkeit, neue Wege im Kampf gegen Alzheimer zu finden, indem Menschen früher in klinische Studien aufgenommen werden können“, so Campo.

Das Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt. Getestet werden folgende vier Strategien, so genannte Runs, um eine frühe Diagnose zu ermöglichen:

  • Run 1: Ein neuropsychologischer Online-Test, begleitet von einer an das jeweilige Land angepassten Online-Marketing-Kampagne. Dabei kann am PC ein „Gehirn-Check“ durchgeführt werden – mittels wissenschaftlich etablierter Fragebögen.
  • Run 2: Ein neuropsychologischer Test, durchgeführt in einer Gedächtnis-Ambulanz. Diese Tests werden kostenlos angeboten. Das Motto: „Wenn Du Dein Cholesterin checkst, warum nicht auch Dein Gedächtnis?“ Die Uni Köln hat bereits die ersten Patienten rekrutiert.
  • Run 3: Ein neuropsychologischer Test, durchgeführt durch Allgemeinärzte. Die Rationale dahinter: Viele gerade ältere Menschen sind dort regelmäßig anzutreffen, neurologische Test fallen im Alltag aber oft unter den Tisch – u.a. aus Zeitgründen. Vorgesehen sind Informationskampagnen, um unter Allgemeinärzten das Bewusstsein für die Erkrankung zu erhöhen.
  • Run 4: NeuropsychologischerTest bei mit Typ-2-Diabetes diagnostizierten Patienten, denn Diabetiker haben ein um den Faktor Zwei erhöhtes Alzheimer-Risiko. „Wir erwarten, dass die Zahl der mit Diabetes assoziierten Alzheimer-Fälle steigen wird – wegen der Diabetes-Pandemie und der gleichzeitig stattfindenden Alterung“, erklärt der Verantwortliche für dieses Projekt, Dr. Rafael Simó vom Uniklinikum in Barcelona.

MOPEAD will aufklären, informieren, Hürden abbauen: „Die Schwierigkeit, die Alzheimer-Erkrankung in einem sehr frühen Stadium zu diagnostizieren, liegt im Glauben der Allgemeinbevölkerung – und auch mancher Gesundheitsfachleute – dass manche kognitive Defizite unter Älteren als ‚normal’ gelten“, sagt Projektkoordinatorin und Neurologin Mercé Boada. MOPEAD soll das ändern.

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