Die Innovative Medicines Initiative (IMI) ist die weltweit größte öffentlich-private Partnerschaft im Bereich der Life Sciences. Sie treibt die Arzneimittelforschung voran. Eine Zwischenbilanz. Foto: ©iStock.com/shironosov
Die Innovative Medicines Initiative (IMI) ist die weltweit größte öffentlich-private Partnerschaft im Bereich der Life Sciences. Sie treibt die Arzneimittelforschung voran. Eine Zwischenbilanz. Foto: ©iStock.com/shironosov

Arzneimittelforschung – Made in Europe

Sie ist die weltweit größte öffentlich-private Partnerschaft im Bereich der Life Sciences: Finanziert von der EU-Kommission und dem europäischen Pharma-Dachverband EFPIA will die Innovative Medicines Initiative (IMI) die Voraussetzungen schaffen, dass künftig schneller innovative Medikamente entwickelt werden können. Jetzt hat die IMI einen Bericht vorgelegt: Sie wollte wissen, welche sozio-ökonomischen Effekte ihre Forschungsprojekte haben. Die Bilanz kann sich sehen lassen.

„Wir finanzieren Gesundheitsforschung und Innovation“, heißt es auf der Webseite der IMI: Mehr als fünf Milliarden Euro fließen in Projekte, die hochkomplexen wissenschaftlichen Fragestellungen nachgehen. Und die sich als Flaschenhals herausstellen, wenn es darum geht, neue Therapien für Krankheiten zu entwickeln, die für die Menschen und die Gesellschaften, in denen sie leben, eine besondere Herausforderung sind. Themen sind zum Beispiel die Alzheimer-Erkrankung, antimikrobielle Resistenzen oder Ebola, Arthrose, Arzneimittelsicherheit oder die Entdeckung der „Diabetes-Gene“ (alle von Pharma Fakten beschriebenen Projekte finden Sie in unserer Tagcloud). Der nun vorgelegte Bericht „Socio-Economic Impact Report on IMI1 projects“ ist eine Bilanz der ersten 44 Projekte, die bereits abgeschlossen sind.

Das Besondere an diesem Netzwerk: Es bringt Expertise und Erfahrung an einen Tisch, an dem sich unternehmerische und wissenschaftliche Konkurrenz scheinbar auflösen, räumliche Distanz überbrückt und der Mangel an (Finanz-)Power Einzelner durch massiv geförderte Innovationsforschung ausgeglichen wird. Unter dem Dach der IMI haben sich europaweit über 5.000 Organisationen aus den verschiedensten Bereichen der Wissenschaft und Forschung, der Medizin, Patient*innengruppen, Zulassungsbehörden und Unternehmen auf Projektebene zusammengefunden. IMI funktioniert nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark.

IMI: Die Entwicklung neuer Arzneimittel effizienter gestalten

Der Bericht analysiert 44 der 59 Forschungsprojekte, die in der ersten Förderungsphase (IMI1) initiiert wurden und abgeschlossen sind. Der Fokus dieser Projekte war es nicht, neue Medikamente auf den Markt zu bringen. IMI-Projekte setzen einen Schritt vorher an: Sie sollen „Flaschenhälse“ adressieren, die im Entwicklungsprozess aufgetreten sind. Die Projekte haben das Ziel, die Voraussetzungen für Forschung in Europa in bestimmten Indikationen zu verbessern und Hürden abzubauen. „Die Chance, ein neues Arzneimittel aus der prä-klinischen Phase auf den Markt zu bringen, ist klein und liegt bei ungefähr neun Prozent“, heißt es in dem Bericht. Selbst im Falle erfolgreicher Wirkstoffe dauere das zehn Jahre: „Bei dieser geringen Erfolgschance und der benötigten Zeit ist es wenig überraschend, dass der Entwicklungsprozess neuer Medikamente erhebliche Investitionen benötigt; im Jahr 2018 betrugen die Entwicklungskosten eines neuen Medikaments ungefähr zwei Milliarden US-Dollar.“

Hier setzt die IMI an: Der Entwicklungsprozess soll beschleunigt werden. Davon profitieren nicht nur Unternehmen, sondern auch Patient*innen, wenn es gelingt, neue Therapien verfügbar zu machen, die die Versorgung der Menschen verbessern.

Ein Überblick über die Effekte der IMI-Projekte:

  • Bis heute ist es gelungen, 2.863 validierte, standardisierte oder potenzielle Biomarker zu identifizieren. Außerdem konnten 784 in-vitro- (außerhalb des Organismus), in-vivo- (innerhalb des Organismus) oder in-silico- (computerbasierte) Modelle entwickelt werden. Sie können dazu beitragen, die Reproduzierbarkeit und die Belastbarkeit von Studiendaten zu erhöhen und die Testung potenzieller Wirkstoffkandidaten zu beschleunigen.
  • Es ist gelungen, 238 konkrete Wirkziele (Targets) zu erforschen. Allein in BTCure, ein Projekt, dass sich zum Ziel gesetzt hat, neue Therapien gegen Rheumatoide Arthritis zu finden, wurden fünf solcher Targets gefunden, von denen zwei nun validiert sind. Dies sind zum Beispiel Moleküle, mit denen Wirkstoffe interagieren können, um einen Erkrankungsprozess zu beeinflussen.
  • IMI-Projekte führten auch zur Schaffung von Biobanken , Patient*innen-Kohorten  oder Datenbanken (insgesamt 167). Sie sind Grundlage, um das Wissen über eine Krankheit zentral zu erfassen, machen generiertes Wissen projektübergreifend erfahrbar und können dabei helfen, den Innovationsprozess zu beschleunigen. Auch unnötige Parallelforschung können sie vermeiden helfen.
IMI-Projekte optimieren den Forschungs- & Entwicklungsprozess. 
Foto: ©iStock.com/SeventyFour
IMI-Projekte optimieren den Forschungs- & Entwicklungsprozess.
Foto: ©iStock.com/SeventyFour

Die Liste ließe sich lange fortsetzen (einen Überblick finden Sie hier). In sechszehn Fällen haben neue Erkenntnisse aus IMI-Projekten zur Ausgründung von Unternehmen geführt, deren Ziel es ist, diese in vermarktbare Produkte zu verwandeln.

IMI-Projekte haben Folgen. Sie verändern die Art und Weise, wie neue Arzneimittel entwickelt werden, heißt es in dem Bericht. Sie optimieren den Forschungs- und Entwicklungsprozess, bauen kollaborative Netzwerke auf, sorgen für Wissenstransfer und dafür, dass Europa an der „Spitze wissenschaftlicher Forschung & Entwicklung“ steht.

IMI-Projekte: Für eine Spitzenmedizin „Made in Europe“

IMI-Projekte setzen Maßstäbe. Sie sind ein Instrument, damit wissenschaftliche Spitzentechnologie in Europa zusätzlich Luft zum Atmen hat, denn vieles deutet darauf hin, dass die EU riskiert, zu einem „Importeur von Innovationen“ zu werden. Eine Netzwerkstudie des Instituts FAS Research hatte am Beispiel der Krebsforschung herausgefunden, dass der gegenseitige wissenschaftliche Austausch von Ländern wie England, Frankreich, Deutschland oder Italien weniger intensiv ist als der Austausch, den jedes dieser Länder für sich mit den USA pflegt. Das Risiko: Gute Ideen und viele neue Projekte „leaken“ von Europa aus in die USA – wo sie ökonomisch verwertet werden. Insofern sind IMI-Projekte essenziell für den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Europa; sie fördern die innereuropäische Vernetzung.

Die forschende Pharmaindustrie engagiert sich in diesem Prozess: Mit Knowhow, Infrastruktur – und Geld. (Fast) jeder zweite der in IMI-Projekte investierte Euro kommt aus ihren Budgets.

Die auf Pharma Fakten vorgestellten IMI-Projekte finden Sie auf der Tagcloud Innovative Medicines Initiative.

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