Seit über 30 Jahren erforscht und produziert Amgen Biopharmazeutika zur Behandlung schwerer Erkrankungen. Ein Interview. Foto: ©istock.com / serezniy / africa-studio.com (Olga Yastremska and Leonid Yastremskiy)
Seit über 30 Jahren erforscht und produziert Amgen Biopharmazeutika zur Behandlung schwerer Erkrankungen. Ein Interview. Foto: ©istock.com / serezniy / africa-studio.com (Olga Yastremska and Leonid Yastremskiy)

Hightech-Medikamente produzieren: Das will gelernt sein

Sei es in Form von Impfstoffen oder als Arzneimittel zur Behandlung schwerer Erkrankungen wie Krebs, Rheuma, Multiple Sklerose: Immer öfter kommen in der medizinischen Versorgung Biopharmazeutika zum Einsatz. Es sind Hightech-Medikamente im wahrsten Sinne des Wortes: Denn sie werden in lebenden Zellen mit Hilfe von Gentechnik hergestellt – ein komplexer Prozess, für den es große Expertise braucht. Die Beschäftigten der Firma Amgen erforschen und produzieren seit über 30 Jahren Biopharmazeutika. Und: Sie entwickeln die Produktionsverfahren stetig weiter, um sie noch effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Letztlich profitieren Patient:innen weltweit. Ein Interview mit Manfred Heinzer, Geschäftsführer der Amgen GmbH.

Was macht die Herstellung von biopharmazeutischen Medikamenten so besonders?

Heinzer: Die Herausforderung besteht darin, dass Biopharmazeutika – im Gegensatz zu klassischen, chemisch synthetisierten Wirkstoffen – in lebenden Zellen produziert werden. Dabei kommen zum Beispiel Säugetierzellen oder auch Bakterien zum Einsatz. Mit Hilfe von gentechnischen Methoden wird die Erbinformation der jeweiligen Zellen so verändert, dass sie das Arzneimittel in großen Mengen bilden. Im Rahmen dieser biotechnologischen Herstellung, dem sogenannten Biomanufacturing, werden die Zellen üblicherweise in großen Stahltanks, den Bioreaktoren, kultiviert; sie geben die Wirkmoleküle nach außen hin ab. Basierend auf ihrer Größe, Molekülmasse und elektrischen Ladung werden die Moleküle anschließend isoliert. Da Biopharmazeutika den Patientinnen und Patienten meist als Injektion oder Infusion verabreicht werden, wird der reine Wirkstoff schließlich mit einer sterilen Lösung gemischt.

Manfred Heinzer, Geschäftsführer der Amgen GmbH. Foto: FOTO MARLIN BASEL / Amgen GmbH
Manfred Heinzer, Geschäftsführer der Amgen GmbH. Foto: FOTO MARLIN BASEL / Amgen GmbH

Das klingt komplex.

Heinzer: Das ist es auch. Über 5.700 Beschäftigte von Amgen, das ist rund ein Viertel unserer Belegschaft, arbeiten an den Produktionsstandorten über den Globus verteilt.  Sie wissen: Bereits kleinste Abweichungen bei der Herstellung können das Endprodukt maßgeblich verändern. Um konstante Bedingungen und eine hohe Sicherheit für Patientinnen und Patienten gewährleisten zu können, gilt es, jegliche Qualitätsschwankungen zu vermeiden. Daher findet die Produktion in einer optimalen, kontrollierten Umgebung statt, die permanent hinsichtlich Nährstoffe, Temperatur, pH-Wert und Druck überwacht wird.

Bei einem so komplexen Prozess sind Ausfälle aber doch vorprogrammiert? Oder nicht?

Heinzer: Seit Bestehen von Amgen versorgen wir Patienten und Patientinnen weltweit mit Arzneimitteln und haben noch nie einen Lieferengpass gehabt. Damit das auch in Zukunft so bleibt, wird die komplette Herstellungs- und Lieferkette lückenlos überwacht. Und: Wir setzen bei der Produktion nicht nur auf unsere eigenen Werke, sondern auch auf die von ausgewählten Partnerfirmen. Dieses Netzwerk gibt uns die Flexibilität, die notwendig ist, um sicherzustellen, dass unsere Arzneimittel mit höchster Qualität und je nach Bedarf ausgeliefert werden können.

Auf ihrer Webseite spricht die Firma Amgen vom „Biomanufacturing der Zukunft“. Was hat es damit auf sich?

Heinzer: Die Sache ist die: Gewöhnlich nehmen die Produktionsstätten viel Platz ein und haben einen immensen Wasserverbrauch. Denn die Bioreaktoren, die üblicherweise für die Herstellung von Biopharmazeutika verwendet werden, können bis zu 20.000 Liter Zellen und Nährmedium enthalten und müssen nach jedem Herstellungsprozess gereinigt und desinfiziert werden. Im Sinne eines „Biomanufacturing der Zukunft“ sind wir überzeugt: Das geht effizienter.

Wie stellen Sie sich das vor?

Heinzer: Bei Amgen haben wir einen neuartigen Bioreaktor entwickelt. 2014 wurde die erste Produktionsanlage mit dieser Fertigungstechnologie in Singapur errichtet – in den USA ist eine weitere in Bau. Der Vorteil ist: Trotz gleichbleibender Produktionskapazität sind sie um 75 Prozent kleiner als herkömmliche Anlagen; sie werden in weniger als der Hälfte der Zeit und zu einem Viertel der Kosten gebaut.

Das ist beeindruckend.

Biopharmazeutika: Ein hoch komplexes Verfahren. Foto: ©iStock.com/ipopba
Biopharmazeutika: Ein hoch komplexes Verfahren. Foto: ©iStock.com/ipopba

Heinzer: Es kommt noch besser: Solch moderne Produktionsstätten sind umweltfreundlicher als herkömmliche Anlagen. Sie sind modular aufgebaut, wodurch sich die Prozesse effizienter miteinander vernetzen lassen. Und: Statt in großen Stahltanks werden die Zellen in kleineren Einwegsystemen kultiviert. So werden Reinigungsprozesse vermieden: Das kann den Wasserverbrauch um 45 Prozent senken. Zusätzlich stößt eine Anlage mit der neuen Technologie ungefähr 71 Prozent weniger CO2 aus und verbraucht ungefähr 71 Prozent weniger Energie.

Was haben die Patient:innen von den modernen Produktionsverfahren?

Heinzer: Die Bedeutung von Biopharmazeutika in der Versorgung mit Arzneimitteln steigt. Schon heute liegt ihr Marktanteil in Deutschland bei knapp 30 Prozent. In diesem Sinne plant Amgen zukünftig viele kleine moderne Produktionsstätte zu etablieren, die die lokalen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten weltweit decken sollen. Unser Ziel: Jede Patientin und jeden Patienten versorgen – zu jeder Zeit.

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