Noch immer gibt es für die überwältigende Mehrheit der seltenen Erkrankungen keine ursächliche Therapie. Woran das liegt  zeigte sich auf einem Online-Talk der Care4Rare-Stiftung. Foto: CC0 (Stencil)
Noch immer gibt es für die überwältigende Mehrheit der seltenen Erkrankungen keine ursächliche Therapie. Woran das liegt zeigte sich auf einem Online-Talk der Care4Rare-Stiftung. Foto: CC0 (Stencil)

32 Medikamente nachträglich für Kinder zugelassen

Der Informationsdienstleister im Gesundheitswesen INSIGHT Health hat sich seine Patent- und Patientendatenbanken genauer angeschaut und festgestellt: Für insgesamt 61 Wirkstoffe, die vor 2008 zugelassen wurden, haben pharmazeutische Unternehmen nachträglich Anträge auf Zulassung als Kinderarzneimittel eingereicht. Andere Auswertungen zeigen zudem: Der Anteil pädiatrischer Forschung steigt.

Kinder galten immer als „therapeutische Waisen“, denn sie profitierten nicht gleichermaßen wie die Erwachsenen von den medizinischen Fortschritten. Die klinische Forschung mit den Kleinsten der Gesellschaft ist eine große Herausforderung: Es ist äußerst schwierig und aufwändig, Probanden für Studien zu finden. Und die in Frage kommende Patienten- und somit Absatzzahl für ein neues Medikament ist meist sehr viel geringer als bei der älteren Bevölkerung.

Der Gesetzgeber hat die Problematik erkannt – und daher nachgeholfen. Im Jahr 2007 trat die EU-Verordnung über Kinderarzneimittel in Kraft, um über verschiedene Instrumentarien die pädiatrische Forschung zu stimulieren. „Für Produkte, die vor 2008 zugelassen wurden, kann der Hersteller auch nachträglich eine Zulassung als Kinderarzneimittel beantragen“, erklärt INSIGHT Health. „Der finanzielle Mehraufwand für die notwendigen Studien wird mit einer Verlängerung der Marktexklusivität durch ein Ergänzendes Schutzzertifikat (SPC) um sechs Monate belohnt.“

Nachträgliche Anträge: 32 Genehmigungen

Laut INSIGHT Health wurde – Stand Mai 2018 – für 61 Substanzen eine Verlängerung des SPC beantragt. 32 davon wurden bereits genehmigt; drei wurden abgelehnt. Insgesamt befinden sich noch 26 Anträge in der Bearbeitung.
„Die häufigste Arzneimittelgruppe in der Liste ist die der systemischen Antiinfektiva, die vorwiegend zur Therapie von HIV sowie bei Hepatitis B und C eingesetzt werden“, heißt es. Danach folgen Medikamente wie Antineoplastika und Immunmodulatoren zu Behandlung von Tumoren sowie Wirkstoffe für den Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Insgesamt sei aber gerade im Bereich der Onkologie der Anteil des „Off-Label-Use“ noch relativ hoch. Den Kindern werden also Arzneimittel verordnet, die lediglich für Erwachsene zugelassen sind – nur in reduzierter Dosierung.

Kinder: keine Miniaturausgabe

Der Bedarf an weiterer Forschung ist daher groß. Denn: Kinder sind keine Erwachsenen in Miniaturausgabe. Die Ausreifung der inneren Organe und ihr Körperbau ist nicht wie der ihrer Eltern. Die Kinderarzneimittelverordnung hat in diesem Sinne schon einige Fortschritte gebracht. So stellte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) in einem Bericht fest: Der Anteil an Studien, in denen Kinder eingebunden waren, stieg von 9,3 Prozent (2006) auf 11,5 Prozent (2015). Das Ergebnis davon? Mehr Medikamente für Kinder.

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