Krebs bleibt Schwerpunkt der Pharma-Forschung

Um den größten Krebskongress der Welt auszutragen, braucht es das größte Veranstaltungszentrum in den Vereinigten Staaten. Jedes Jahr treffen sich Wissenschaftler und Ärzte aus der ganzen Welt im McCormick Place in Chicago zum Jahresmeeting der American Society of Clinical Oncology, kurz ASCO.

Rund 40.000 Experten aus 150 Ländern diskutieren fünf Tage lang die neuesten Erkenntnisse aus den Bereichen Krebs, Krebsprävention, Immun- und Gentherapie oder Tumor-Biologie. Der ASCO-Kongress: Viele der dort präsentierten Studienergebnisse verändern Behandlungsstandards.

Bei dem Innovationstempo im Bereich der Onkologie ist das auch kein Wunder. Allein seit 2011 sind rund 100 neue Substanzen zugelassen worden (s. Grafik), wie Prof. Carsten Bokemeyer vom Zentrum für Onkologie am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit (HSK 2019) in Berlin berichtete: „All diese Wirkstoffe, die auf -nib, auf -mab oder auf -cel enden, sind alles neue, im weitesten Sinne biologisch zielgerichtete Medikamente, monoklonale Antikörper, Immuntherapeutika, zelluläre Therapeutika – nichts davon ist mehr klassische Chemotherapie.“ Im Pharma Fakten-Interview sprach Krebsforscher Eric Borges vom Unternehmen Boehringer Ingelheim – auf die Immunonkologie angesprochen – von einem Paradigmenwechsel: „Chemotherapie und auch die sogenannte zielgerichtete Krebstherapie haben das Leben von Krebspatienten verlängert, aber nicht langfristig deren Perspektiven verändert. Die Immuntherapie hat das Potenzial dazu. Wir bewegen uns wirklich hin zu einer neuen Ära der Krebstherapie.“

Kampf gegen Krebs: “Fantastische Entwicklungen”

© upixa - stock.adobe.com
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Bokemeyer sprach von „fantastischen Entwicklungen.“ Auf dem HSK erzählte er, dass spezialisierte Kliniken wie sein Zentrum mittlerweile ihre liebe Not haben, das sprunghaft wachsende Wissen aufzunehmen, zu verarbeiten und in die Praxis zu überführen: „Es ist zunehmend ein Thema, diese Innovationen in einem Behandlungssystem konstant umzusetzen, so dass wirklich aktuellste Therapien leitliniengerecht und adäquat sofort durchgeführt werden.“ Das Ziel: Für jeden Patienten muss individuell die für ihn beste Therapie festgelegt werden.

Allein im Jahr 2018 hat die europäische Zulassungsbehörde EMA elf neue Krebsmedikamente freigegeben. Die Onkologie bleibt ein Schwerpunkt der forschenden Pharmaindustrie: Fast ein Drittel aller in Deutschland seit 2011 zugelassenen und im Nutzenbewertungsverfahren („AMNOG-Verfahren“) bewerteten Wirkstoffe haben bösartige Tumorerkrankungen als Ziel. Und 75 Prozent von ihnen werden auch positiv bewertet, wie der AMNOG-Report 2019 der DAK Gesundheit erst kürzlich bestätigt hat.

Krebs – meist eine Krankheit des Alters

Es ist ein Fortschritt, der (noch) gegen den Trend der Zeit anläuft. Denn obwohl die Heilungsrate steigt – in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren von unter 50 auf ca. 65 Prozent – wird die Zahl der Erkrankungen und auch die der Todesfälle weiter ansteigen. Schuld hat die Demografie, denn Krebs ist, jedenfalls bei der Mehrzahl aller Krebsarten, eine Krankheit des Alters (s. Pharma Fakten). Und das heißt: Krebs tritt nicht nur häufiger auf, die Patienten haben immer öfter auch Begleiterkrankungen.

Zwar gelingt es, durch neue Therapien und bessere Prävention immer mehr Todesfälle zu verhindern, aber der Alterungsprozess der Gesellschaften zumindest in Europa „frisst“ diesen Fortschritt wieder auf, wie eine Studie italienischer Wissenschaftler gezeigt hat. Es gibt also noch viel zu tun in Sachen Krebsbekämpfung. Nach Angaben des US-amerikanischen Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen PhRMA befanden sich vergangenes Jahr über 1.100 Medikamente und Impfstoffe in der Entwicklung biopharmazeutischer Unternehmen. Die Zahl dürfte längst überholt sein.

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