Die jährliche Pressekonferenz des AVR in Berlin. Foto: Pharma Fakten
Die jährliche Pressekonferenz des AVR in Berlin. Foto: Pharma Fakten

AVR 2019: Arzneimittelausgaben steigen moderat

Die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind im Jahr 2018 um 3,2 Prozent auf 41,2 Milliarden Euro gestiegen. Das geht aus dem Arzneiverordnungs-Report (AVR) hervor, der jährlich u. a. von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) herausgegeben wird. Es ist ein moderater Anstieg, wie die Autoren sagen. Ein Dorn im Auge ist ihnen aber die Preisentwicklung bei neuen Medikamenten. Kritik gibt es von den Pharmaverbänden.

Mehr als 90 Prozent aller Krankheiten werden mit Arzneimitteln behandelt – ein Wert, der zeigt, welche Bedeutung Medikamente in der Versorgung kranker Menschen haben. Dass die Ausgaben für Arzneimittel und ihre Distribution nach Ausgaben für Krankenhäuser und ärztliche Versorgung den drittgrößten Posten der GKV ausmachen, ist deshalb nicht weiter verwunderlich. Rund 41 Milliarden Euro hat die GKV 2018 dafür ausgegeben. Der Wert versteht sich inklusive der Mehrwertsteuer und den Distributionskosten (Ausgaben für Großhandel und Apotheken). Neue, patentgeschützte Medikamente erzielten in 2018 einen Apothekenumsatz von 19,8 Milliarden Euro.

Seit Jahren unauffällig: Der Anteil der Arzneimittelausgaben.
Seit Jahren unauffällig: Der Anteil der Arzneimittelausgaben.

Was die AVR-Autoren „mal wieder“ als einen Höchststand dramatisieren, ist bei genauer Betrachtung erstaunlich normal. Wie der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) betont, liegen die GKV-Ausgaben für Arzneimittel seit Jahren zwischen 16 und 17 Prozent. Auf die pharmazeutische Industrie entfallen dabei nur etwa 10 Prozent für alle Arzneimittel in der ambulanten Versorgung. BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen: „Wenn man sich vergegenwärtigt, welchen enormen therapeutischen Stellenwert Medikamente haben, ist das kein hoher Anteil”. Dazu muss man wissen: Bei den AVR-Autoren ist die Pharmaindustrie noch nie gut weggekommen.

Arzneimittelmarkt der GKV: Streng reguliert

Der Arzneimittelmarkt ist streng reguliert, in dem im Wesentlichen drei Steuerungsinstrumente greifen:

  • Den größten Block macht dabei das Festbetragssystem aus (vor allem Generika) mit einem Einsparvolumen von 8,2 Mrd. Euro.
  • Die Rabattverträge zwischen Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmern, die sich auf 4,5 Mrd. Euro summieren, sowie die
  • Frühe Nutzenbewertung neuer Medikamente mit anschließender Preisverhandlung (das so genannte AMNOG-Verfahren) mit 2,65 Mrd. Euro.
Arzneimittelversorgung in der GKV. Foto: ©iStock.com/ Schulz Christian
Arzneimittelversorgung in der GKV. Foto: ©iStock.com/ Schulz Christian

Allein das sind rund 15 Milliarden Euro an Einsparungen. 

Die Autoren des AVR kritisieren trotz dieser Einsparungen, dass patentgeschützte Arzneimittel in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden sind; der Apothekenumsatz je Verordnung habe sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, wie WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber erklärte. Die Kritik an den Preisen von Medikamenten, die seit 2011 auf den Markt gekommen sind und ein AMNOG-Verfahren durchlaufen haben, verwundert allerdings. Diese Preise sind das Verhandlungsergebnis zwischen dem Pharma-Unternehmen und dem Spitzenverband der GKV.

Tatsache ist, dass die durchschnittlichen Verordnungskosten gestiegen sind. Das liegt u.a. daran, dass gerade im Kampf gegen Krebs immer mehr, immer spezifischer wirkende Arzneimittel entwickelt werden. Auch die Tatsache, dass es noch nie so viele „Orphan Drugs“ gab – also Medikamente für Menschen mit seltenen Erkrankungen – hat Auswirkungen auf den durchschnittlichen Preis pro Verordnung. Hinzu kommt: Die Forschung und Entwicklung von Medikamenten wird immer teurer.

Arzneimittelkosten: Investition in die Gesundheit

Auch der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) weist die Kritik deutlich zurück. Zwischen 2008 und 2018 lag die Ausgabensteigerung bei Arzneimitteln laut vfa jährlich im Mittel bei 3,1 Prozent und war damit im Vergleich zu den anderen Leistungsbereichen (Ärzte, Krankenhäuser, Heilmittel, Krankengeld und Krankenpflege) am niedrigsten. Im vergangenen Jahr lag die Zuwachsrate sogar noch deutlich unter diesem Langzeitwert, nämlich bei 2,6 Prozent. Vfa-Chef Han Steutel: “Die Arzneimittelausgaben entwickeln sich moderat. Weder der Vergleich mit anderen Leistungsbereichen noch die Langzeitbetrachtung zeigen Auffälligkeiten. Das System ist also im Gleichgewicht. Und das lässt sich klar mit Zahlen belegen.”

Und Kai Joachimsen ergänzt: „Wenn wir in Deutschland eine Versorgung auf Topniveau haben wollen, sollten wir moderat ansteigende Arzneimittelkosten endlich als das begreifen, was sie sind: Eine wünschenswerte Investition in Gesundheit und Lebensqualität von Millionen Patienten.”
 

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