Impfungen können nicht alles  sind aber irgendwie Alleskönner. Vom 20. bis 26. April 2020 ist Europäische Impfwoche. Foto: ©iStock.com/TonyBaggett. Die Statue zeigt Florence Nightingale – sie wurde vor 200 Jahren geboren und gilt als Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege.
Impfungen können nicht alles sind aber irgendwie Alleskönner. Vom 20. bis 26. April 2020 ist Europäische Impfwoche. Foto: ©iStock.com/TonyBaggett. Die Statue zeigt Florence Nightingale – sie wurde vor 200 Jahren geboren und gilt als Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege.

Europäische Impfwoche: Schutz des Lebens

Impfungen können nicht alles, sind aber irgendwie Alleskönner. Vom 20. bis 26. April ist Europäische Impfwoche (EIW). Sie will für die Bedeutung von Impfmaßnahmen für die Vermeidung von Krankheiten und den Schutz von Menschenleben sensibilisieren. Eine Welt ohne Impfstoffe? Es wäre eine Reise zurück ins finsterste Mittelalter. Pharma Fakten sprach mit der Medizinerin Dr. med. Melanie Schneider vom Pharmaunternehmen und Impfstoffspezialisten GlaxoSmithKline (GSK) über das Impfen im Allgemeinen und die Impfung gegen Meningokokken.

Berlin ist manchmal ein raues Pflaster. Mit der Berliner Schnauze – auf Klartext geeicht – kommt nicht jeder zu Recht. Bei Berliner Kinderärzten kann die Aufforderung zum Impfen schon mal so aussehen: „Sie müssen nicht alle Ihre Kinder impfen lassen – nur die, die Sie behalten wollen.“

Impfungen können nicht alles, sind aber irgendwie Alleskönner:

  • Sie vermeiden Krankheiten, bevor sie entstehen.
  • Sie bieten mittlerweile Schutz gegen rund 30 so genannte impfpräventable Krankheiten.
  • Sie dämmen die Ausbreitung von Infektionskrankheiten ein.
  • Sie beschützen Menschen, die nicht geimpft werden können, wenn sich genug andere Menschen impfen lassen (Herdenimmunität).
  • Sie helfen dabei, Krankheitsverläufen die Dramatik zu nehmen.
  • Sie unterstützen im Prozess des gesunden Alterns – und helfen einer alternden Gesellschaft dadurch, ihren Wohlstand zu erhalten.
  • Sie schützen chronisch kranke Menschen vor weiteren Erkrankungen.
  • Sie lindern indirekt die Antibiotika-Krise: Denn jede vermiedene Infektion reduziert das Risiko für Komplikationen wie z. B. bakterielle Infektionen in Krankenhäusern.
  • Sie schaffen Entwicklungsmöglichkeiten, denn gesunde Menschen haben es auf der Welt einfach einfacher.
  • Sie entlasten das Gesundheitssystem – und sind dabei nicht einmal teuer.
Foto: privat
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Und manchmal radieren Impfstoffe Krankheiten buchstäblich aus.

Aber auch das gehört zur Geschichte des Impfens: Sie können nicht alles – zum Beispiel, weil sie nicht bei jedem die volle Wirksamkeit erreichen. Dennoch bleiben sie die beste bekannte Waffe gegen die Krankheiten, gegen die sie erfunden, entwickelt, getestet und hergestellt wurden. Und: Impfungen haben auch Nebenwirkungen – wie jede andere medizinische Intervention auch.

Europäische Impfwoche 2020

Zum 15. Mal begeht das europäische Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Europäische Impfwoche (EIW). Sie ist dem Wert von Impfungen für viele Aspekte von Gesundheit und Wohlbefinden im gesamten Lebensverlauf gewidmet. Im Mittelpunkt steht diesmal eine ganz besondere Frau.

Vor 200 Jahren wurde Florence Nightingale geboren – die Britin gilt als Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege. Die WHO hat 2020 ihr zu Ehren zum Internationalen Jahr der Pflegekräfte und Hebammen erklärt. „Pflegekräfte und Hebammen tragen entscheidend zur Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung bei, namentlich durch Bereitstellung evidenzbasierter Informationen über Impfungen sowie in vielen Ländern durch deren Verabreichung“, heißt es auf der Kampagnenseite der WHO.

Dr. med. Melanie Schneider, GSK, im Interview

Pharma Fakten sprach mit Dr. med. Melanie Schneider über das Impfen im Allgemeinen und die Impfung gegen Meningokokken im Besonderen. Frau Schneider ist Senior Medical Advisor beim Pharmaunternehmen und Impfstoffspezialisten GlaxoSmithKline (GSK).

Jedes Jahr ruft die WHO Europa zur Europäischen Impfwoche auf, um auf den Wert von Impfungen aufmerksam zu machen. Was wäre die Welt ohne Impfungen?

Florence Nightingale. Foto: ©iStock.com/TonyBaggett
Florence Nightingale. Foto: ©iStock.com/TonyBaggett

Dr. med. Melanie Schneider: Impfstoffe gehören zu den größten Errungenschaften der Biomedizin und des Gesundheitswesens. Der Erfolg von Impfungen umfasst den persönlichen Nutzen, den gesellschaftlichen Nutzen und die Wirtschaftlichkeit.* Prävention ist ein Wert an sich. Impfung kann Todesfälle vermeiden, Behinderung verhüten, den Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessern und Arbeitsunfähigkeit verhindern. Mit aktiven Schutzimpfungen kann bei Infektionskrankheiten erreicht werden:** die Kontrolle der Erkrankung (reduzierte Morbidität, endemisches Auftreten), die Eliminierung der Erkrankung (sporadisches Auftreten mit weniger als ein Fall pro 100.000 Einwohner/Jahr) und die Eradikation, d.h. Eliminierung der Erkrankung in allen Ländern und Regionen weltweit.

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts gibt es Impfstoffe gegen 26 Krankheitserreger, darunter Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Meningokokken, Pneumokokken, Tollwut, Cholera, Grippe, Hepatitis, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Durchfallerkrankungen und viele mehr.

Sie sagen es bereits: Heute können Impfstoffe vor zahlreichen Krankheitserregern schützen – zum Beispiel vor Meningokokken. Was sind Meningokokken?

Melanie Schneider. Foto: © GSK / Stefan Obermeier, München
Melanie Schneider. Foto: © GSK / Stefan Obermeier, München

Schneider: Meningokokken sind Bakterien, die in seltenen Fällen eine Hirnhautentzündung (Meningitis) und/oder eine Blutvergiftung (Sepsis) auslösen können. Diese Krankheiten können innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich verlaufen.

Welche weiteren Gefahren birgt eine Meningokokken-Erkrankung?

Schneider: Trotz Behandlung treten bei jedem fünften Erkrankten Komplikationen und Spätfolgen auf. Infolge einer Hirnhautentzündung können zum Beispiel Entwicklungsstörungen, Krampfleiden, Erblindung und Hörverlust auftreten. Kommt es zu einer Blutvergiftung, kann es zu Haut- und Gewebezerstörung und Vernarbungen kommen, in Extremfällen sogar zu Amputationen. Babys und Kleinkinder sind am häufigsten betroffen. Auch Jugendliche zählen zur Risikogruppe. Beim ersten Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung sollten Eltern sofort einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen.

Vor einer Meningokokken-Erkrankung kann eine Impfung schützen?

Schneider: Gegen fünf der häufigsten Meningokokken-Gruppen in Deutschland gibt es Impfungen:

  • Meningokokken B-Impfung
  • Meningokokken C-Impfung
  • Meningokokken ACWY-Kombinationsimpfung

Eltern sollten ihren Kinder- und Jugendarzt darauf ansprechen, gegen welche Meningokokken-Gruppen ihre Kinder bereits geimpft sind und welche Impfungen er empfiehlt.

* Roush SW, Murphy TV, Historical Comparisons of Morbidity and Mortality for Vaccine-Preventable Diseases in the United States. JAMA 2007; 298: 2155-2163

** André 2003, Ehret et al. 2003, Gerike et al. 2000

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