Sexuell übertragbare Infektionen (STI): Aufklärung und Enttabuisierung

Ob in der Arzt-Patienten-Kommunikation oder im Austausch mit dem eigenen Partner: Gespräche über Geschlechtskrankheiten werden oft vermieden. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellten erste Ergebnisse einer Studie zur Sexualität Erwachsener in Deutschland vor.

„Weniger als die Hälfte der Menschen in festen Beziehungen spricht mit dem Partner/der Partnerin über STI, bevor sie gemeinsam sexuell aktiv werden“, schreibt die BZgA in einer Pressemitteilung zu der sogenannten GeSiD-Studie. Sie weiß: Es ist wichtig das Gespräch zum Partner zu suchen, um unangenehmen Überraschungen vorzubeugen und das Thema Geschlechtskrankheiten Schritt für Schritt zu enttabuisieren.

Für die GeSiD-Studie wurden zwischen Oktober 2018 und September 2019 4.955 Erwachsene im Alter von 18 bis 75 Jahren zu sexualbezogenen Themen befragt. Das Kürzel STI umfasst alle infektiösen Krankheiten, die sexuell übertragen werden.

HIV und Co.: Junge Menschen sprechen offener über STI

Im Rahmen der Studie kristallisierte sich das HI-Virus als die bekannteste Erkrankung unter den STI heraus: 71,1 Prozent nannten HIV/AIDS an erster Stelle, gefolgt von Gonorrhö/Tripper (38,6 Prozent) und Syphilis (31,9 Prozent). Nicht einmal fünf Prozent der Befragten riefen sich Genitalwarzen ins Gedächtnis, wobei sich nur 0,4 Prozent der Befragten an Trichomoniasis  erinnerten. Das zeigt: Weil HIV ein medial stark präsentes Thema ist, rangiert es in der Wahrnehmung der Menschen ganz oben. Es zeigt auch: Die Aufklärung muss vielschichtiger werden, damit andere sexuell übertragbare Infektionen nicht in Vergessenheit geraten. Der Informationsbedarf in der Bevölkerung ist hoch.

Viele sprechen nicht mit dem Partner über die eigene Erkrankung: Ein Grund dafür ist die Stigmatisierung. Foto: ©iStock.com/jarun011
Viele sprechen nicht mit dem Partner über die eigene Erkrankung: Ein Grund dafür ist die Stigmatisierung. Foto: ©iStock.com/jarun011

Bei jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren und zwischen 36 und 45 Jahren ist die Bereitschaft zu einem Gespräch mit dem Partner über sexuell übertragbare Erkrankungen vor dem ersten Geschlechtsverkehr am höchsten (s. Grafik). Heterosexuelle Paare thematisieren das seltener als lesbische, schwule und bisexuelle Paare.

Weiter heißt es in der GeSiD-Studie: „Über Kondome zu sprechen, bevor man mit einem Partner oder einer Partnerin sexuell aktiv wird, ist selbstverständlicher, als über sexuell übertragbare Infektionen (STI) zu sprechen“. So waren nur bei neun Prozent der 66- bis 75-Jährigen STI ein Thema – die Kondomnutzung aber immerhin bei fast 40 Prozent.

STI: Stigmatisierung und Tabuisierung

Eine mögliche Ursache einer mangelnden Kommunikation über STI: Stigmatisierung. So schreibt etwa die Deutsche Aidshilfe in einem Artikel von magazin.hiv: „Weitergehend öffnen sich HIV-positive Menschen (im Vergleich zu anderen chronisch erkrankten wie Hepatitis- und Diabetes-Erkrankten) seltener gegenüber Familienmitgliedern und befreundeten Personen (Kittner et al., 2013). Grund dafür kann die erwartete Ausgrenzung und Ablehnung von wichtigen Bezugspersonen sein.“ Denn trotz aller Bemühungen Diskriminierung zu unterbinden und Aufklärung zu betreiben, sehen sich Betroffene weiterhin damit konfrontiert (u.a. Pharma Fakten berichtete) – auch in einer festen Partnerschaft schreckt das ab. Je nach Erkrankung gaben ein bis drei von zehn Befragten der GeSiD-Studie an, nicht mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin über die eigene Infektion gesprochen zu haben. Das kann gefährliche Folgen haben. Die Kommunikation über sexuell übertragbare Infektionen mit einem Arzt oder einer Ärztin ist ebenfalls selten: Nur 21 Prozent der Männer und 31 Prozent der Frauen haben sich mit einem Spezialisten über Geschlechtskrankheiten unterhalten.

Die Untersuchung zeigt: Die Barrieren über das Thema Geschlechtskrankheiten zu sprechen – sei es privat oder mit einem Arzt – sind hoch. Es sind Barrieren mit gesundheitlichen Folgen. Denn sie tragen dazu bei, dass sich Krankheiten ausbreiten können.

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