Aufstockung der Impfstoff-Produktion gegen Meningitis ist schwierig

Wer Epidemien verhindern will, muss vorausdenken. Für den Januar 2016 droht die Gefahr einer Meiningitis-Epidemie in Afrika. Die WHO hat schon jetzt einen Bedarf von fünf Millionen Impfdosen angemeldet. So schnell können die Produktionskapazitäten jedoch nicht aufgestockt werden.

Die Fälle von Meningitis C nehmen in Afrika seit 2013 zu, sagt William Perea, der für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Kampf gegen Infektionskrankheiten koordiniert. Epidemien im sogenannten Meningitis-Gürtel in Afrika sind besonders häufig. In einem Streifen, der sich von Gambia über den gesamten Kontinent bis hin nach Äthiopien erstreckt, treten sie circa alle fünf bis zwölf Jahre auf. „Wir müssen uns für die Meningitis-Saison 2016 auf eine deutlich höhere Zahl von Fällen vorbereiten”, warnte Perea. Dafür werden Impfstoffe benötigt, die Pharmaunternehmen schon jetzt vermehrt produzieren sollten, so der Aufruf der WHO.

Immer wieder für schwere Epidemien

Die Meningitis ist eine Entzündung der Rückenmarks- und Gehirnhäute. Sie wird durch Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen verursacht. Eine bakterielle Hirnhautentzündung kann durch Meningokokken hervorgerufen werden. Diese Bakterien kommen in 13 verschiedenen Serotypen vor, bei Erkrankten werden in der Regel die Serogruppen A, B, C, W-135, Y und selten auch X nachgewiesen. Meningokokken verursachen in Afrika immer wieder schwere Epidemien mit zum Teil tausenden Todesfällen. 1996 erkrankten während einer Epidemie in der Sahelzone 250.000 Menschen, 25.000 starben.

Für jede Serogruppe muss ein spezifischer Impfstoff hergestellt werden. Diese Polysaccharid-Impfstoffe haben den Nachteil, dass der Impfschutz schnell wieder nachlässt. Bei einer drohenden Epidemie muss daher großflächig nachgeimpft werden. Inzwischen gibt es eine Alternative: einen Konjungatimpfstoff , der gegen Meningokokken C sowie als tetravalenter Impfstoff gegen A, C, W135 und Y eingesetzt wird. Konjugatimpfstoffe sind länger wirksam und können früher eingesetzt werden.

Hohe Sicherheit bedingt langsame Produktion

Die Produktion von Impfstoffen ist komplex und störanfällig. Die Polysaccharid-Antigene beispielsweise werden in einem arbeitsintensiven Prozess durch Reinigung und Entgiftung gezüchteter Bakterien gewonnen. Manche Erreger wachsen überhaupt nicht und andere nur schlecht in Kultur. Oft ist eine gute Reinigung der Zuckermoleküle schwierig. So kann es zum Ausfall von geplanten Chargen kommen.

Es gelten extreme Sicherheitsstandards, die eine schnelle Erhöhung der Produktionskapazitäten erschweren. Der Impfstoffhersteller Sanofi Pasteur MSD gibt an, dass alleine die Qualitätskontrollen zwischen 60 und 70 Prozent der Gesamtproduktionszeit für eine Impfstoffcharge beanspruchen. Eine Vielzahl an laufenden Prozesskontrollen, die Keimfreiheit der Produktion und eine extrem hohe Messgenauigkeit sind besondere Herausforderungen bei der Impfstoffproduktion. Pro Charge kann die Produktionsdauer daher bis zu 33 Monate betragen.

Schwierig Schwankungen nachzukommen

GlaxoSmithKline (GSK), einer der Hersteller eines Meningokokken Impfstoffs, wurde ebenfalls von der WHO auf den erhöhten Bedarf aufmerksam gemacht. „Die Impfstoffherstellung ist komplex und zeitaufwendig, manchmal dauert der Produktionsprozess mehr als zwei Jahre vom Beginn bis zum fertigen Produkt“, erklärt Christoph Kaufman, Vaccines Commercial Lead, Meningitis bei GSK. Das mache es so schwierig, schnell auf Schwankungen in der Nachfrage, wie im Fall einer Ausbruchssituation, zu reagieren. „GSK prüft derzeit, ob und wie zusätzliche Dosen des Impfstoffes geliefert werden können.“

Die Produktionskapazitäten sind global limitiert, ein Ausweichen auf andere Anlagen erlauben die Zulassungen der Impfstoffe in der Regel nicht. Auch ist es schwierig, Impfstoffe auf Vorrat zu produzieren, unter anderem wegen ihrer Temperaturempfindlichkeit. Da eine Nachproduktion bei höherer Nachfrage sehr lange dauert, ist eine möglichst genaue Planung des Bedarfs nötig. Hierfür ist der frühzeitige Hinweis der WHO auf eine eventuell drohende Meningokokken-C-Epidemie in Afrika äußerst hilfreich.

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