Trotz Lieferengpässen ist die Anzahl verfügbarer Medikamente hoch

Die Informationen zu Lieferschwierigkeiten von Medikamenten und Impfstoffen werden seit kurzem an zentralen Stellen gebündelt. Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Maria Michalk warnt davor, Lieferengpässe mit Versorgungsengpässen zu verwechseln. Die Zahl der verfügbaren Arzneimittel sei weiterhin hoch, betont sie im Interview mit Pharma Fakten.

Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hält auf seiner Homepage eine Liste zu Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten bereit und informiert über alternative Wirkstoffe. Aktuelles zu Human-Impfstoffen ist beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und dem Robert-Koch-Institut (RKI) mitsamt Alternativen aufgeführt. Diese Sammlungen sind politisch gewollt und weitere Maßnahmen denkbar. Hierzu äußert sich Maria Michalk im Interview.

Das Thema Lieferengpässe gerät zurzeit häufiger in den öffentlichen Fokus. Welche Ursachen liegen aus Ihrer Sicht hierfür zugrunde?

Maria Michalk: Das Thema Lieferengpässe bei bestimmten Impfstoffen und Arzneimitteln ist seit 2012, insbesondere durch Meldungen aus dem stationären Bereich, aber auch durch die damaligen Diskussionen über die ab Juli 2013 geltenden neuen europäischen Regelungen zum Wirkstoffimport, verstärkt in die Aufmerksamkeit geraten. Darüber hinaus werden insbesondere von Seiten der Hersteller auch Rabattverträge, Ausschreibungsverfahren und Erstattungsbeträge, Warenabflüsse auf Grund des Preisgefälles in der EU sowie Wettbewerbsnachteile gegenüber dem asiatischen Markt verantwortlich gemacht. Im Vergleich zum Jahr 2013 hat die Berichterstattung über Lieferengpässe in Deutschland insgesamt nachgelassen, auch wenn das Thema gerade in den letzten Tagen vermehrt von der Fachpresse aufgegriffen wurde.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?

Michalk: Unabhängig von der aktuell ruhigen Berichtslage kann jederzeit eine Verschärfung der Situation eintreten. Viele Faktoren scheinen in der Tendenz zu einer mangelnden “Robustheit” der Lieferkette zu führen: der zunehmende internationale Handel, verbunden mit unterschiedlichen Standort- und Wettbewerbsbedingungen, verschiedene sozialrechtliche Erstattungsmechanismen sowie der Trend zu einer kostensparenden Produktion verbunden mit einer – insbesondere in Drittländern – intensiveren Überwachung der Herstellung von Arzneimitteln, die zu einer schnellen Entdeckung von Qualitätsmängeln führt. Lieferengpässe sind jedoch nicht gleichbedeutend mit Versorgungsengpässen aus medizinischer Sicht. Die Zahl der in Deutschland auf dem Markt verfügbaren Arzneimittel ist nach wie vor relativ hoch.

Mit welchen politischen Maßnahmen könnte Lieferengpässen entgegengewirkt werden?

Michalk: Auf der Fachebene wurden bereits erste Maßnahmen gegen die vermehrt berichteten Lieferengpässe veranlasst. Hierzu zählen, dass im BfArM ein öffentlich zugängliches Register über Lieferengpässe bei Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen eingerichtet wurde. Dem vorausgegangen waren mehrere Gespräche mit Industrieverbänden sowie der Ärzte- und Apothekerschaft. Es wurde einvernehmlich festgestellt, dass ein solches Register – vergleichbar mit dem US-FDA-Register – erforderlich und sinnvoll ist. Wesentliches Ziel des Registers ist es, dass Ärzte und Apotheker durch rechtzeitige Information über Lieferengpässe bei bestimmten Arzneimitteln agieren und – sofern möglich – auch Therapiealternativen erschließen können.

Was ist noch denkbar?

Michalk: Neben dem Register des BfArM wurde insbesondere seitens der ärztlichen Fachgesellschaften eine Liste medizinisch unverzichtbarer Arzneimittel als hilfreiches Instrument gefordert. Meines Wissens wird so eine Liste zurzeit von den Fachleuten noch erstellt. Darüber hinaus ist das Thema der Lieferengpässe mit Arzneimitteln wegen der engen Bezüge zum Pharmastandort Deutschland auch Gegenstand des derzeit noch laufenden Pharma-Dialogs. Dessen Ergebnisse warten wir erst mal ab.

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