Sepsis: Eine globale Gesundheitskrise

Sepsis ist pro Jahr für mindestens elf Millionen Todesfälle weltweit verantwortlich – alle 2,8 Sekunden einer. Doch das Wissen über die Blutvergiftung ist gering; oft wird sie zu spät erkannt. Mit dem jährlichen Welt-Sepsis-Tag am 13. September möchte die Non-Profit-Organisation „Global Sepsis Alliance“ (GSA) daher aufklären – und lässt Betroffene zu Wort kommen.

Vor über 20 Jahren erkrankte Tom Ray an einer Sepsis. Bis heute leidet er darunter: Er verlor damals seine Unterschenkel und Unterarme; Nase, Lippen und Kinn mussten amputiert werden. Angefangen hatte es mit Bauchschmerzen: Zunächst dachte er, er habe sich eine Lebensmittelvergiftung zugezogen. „Aber dann verschlechterte sich mein Zustand in erschreckender Geschwindigkeit. Mir war spei übel, ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen, meine Haut wurde fleckig und bleich; ich war verwirrt und verängstigt. Es war, als hätte mich ein Lastwagen überrollt“. Erst fünf Monate später wacht er aus einem künstlichen Koma auf – ohne Erinnerung, seine Frau und Familie erkennt er nicht mehr. Erst später wird klar: Eine Infektion, die er sich bei einem Zahnarztbesuch geholt hatte, kombiniert mit einer Brustkorbinfektion löste bei Tom Ray eine Sepsis aus.

Auf der offiziellen Webseite zum World Sepsis Day wird auch von Hadley Rae erzählt – ein Mädchen, das nur acht Monate und 13 Tage alt wurde. 2019 verstarb sie an einer Sepsis. Auch bei ihr verschlechterte sich der Zustand rapide. Zwar hatte sie ein paar Tage zuvor grippeähnliche Symptome (Fieber, Schläfrigkeit etc.) gezeigt, aber sie schien auf dem Weg der Besserung. Nur Stunden vor ihrem Tod wirkte sie gesund, so die Mutter. Erst zwei Monate später erfährt sie: Das Bakterium Klebsiella oxytoca hatte bei ihrer Tochter eine Infektion und letztendlich eine Sepsis ausgelöst.

Bakterien im Blut. Droht womöglich eine Sepsis?
Abbildung: ©iStock.com/Dr_Microbe
Bakterien im Blut. Droht womöglich eine Sepsis?
Abbildung: ©iStock.com/Dr_Microbe

Sepsis: Auslöser ist eine Infektion

„Sepsis entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrsysteme nicht mehr in der Lage sind die Ausbreitung einer lokalen Infektion zu verhindern“, heißt es bei worldsepsisday.org. „Daraufhin lösen in den Blutkreislauf eindringende Mikroorganismen und die von ihnen produzierten Gifte eine starke Immunantwort im ganzen Körper aus“. Diese Mikroorganismen können etwa Bakterien, Pilze, Viren oder Parasiten sein. 

Ist die Abwehrreaktion so stark, dass sie körpereigene Organe und Gewebe schädigt, ist das Stadium einer Sepsis erreicht. Mögliche Folgen: Septischer Schock, Multiorganversagen, Tod. „Versagt das Herz-Kreislauf-System, kommt es zu einem Abfall des Blutdrucks und einer Mangelversorgung der Organe und Gewebe mit Sauerstoff. Oft werden mehrere Organsysteme geschädigt oder fallen aus“. 

Laut GSA wird eine Sepsis häufig nicht im frühen Stadium erkannt, wenn sie noch reversibel ist. Wer womöglich an einer Infektion leidet und Symptome wie Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Fieber, eine erschwerte, schnelle Atmung, Probleme beim Wasserlassen, Verwirrtheit, sehr blasse oder marmorierte Haut sowie allgemein ein starkes Krankheitsgefühl hat, sollte sofort seinen Arzt kontaktieren oder ins Krankenhaus fahren, meint die Organisation. Sie weiß: „Bewusstsein für Sepsis rettet Leben.“

Jeder kann eine Sepsis entwickeln

Ursache (s. Grafik) einer Sepsis können u.a. Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen oder auch Viren – wie z.B. SARS-CoV-2 – sein. Grundsätzlich kann daher jeder an einer Sepsis erkranken. Besonders gefährdet sind aber Menschen mit geschwächtem Immunsystem – seien das z.B. Senioren, Säuglinge oder chronisch Kranke.

„Sepsis ist die Hauptursache für vermeidbare Todesfälle weltweit“, weiß die GSA. Daher betont sie den Wert der Prävention: Und da geht es in erster Linie darum, Infektionen – die womöglich später zu einer Blutvergiftung führen können – zu vermeiden. Händewaschen und sauberes Wasser spielen eine große Rolle. 

Impfungen & Antibiotika im Kampf gegen Sepsis

Genauso wie Impfungen (s. Pharma Fakten): „Kleine Kinder und ältere Menschen sind gegenüber Infektionen mit Pneumokokken-Bakterien besonders anfällig.“ Diese Erreger können Lungen-, Mittelohr-, Nasennebenhöhlen-, Hirnhautentzündungen und somit letztlich eine Sepsis hervorrufen. „Heutzutage gibt es wirksame Impfungen für kleine Kinder, die zu einer Immunität gegen die wichtigsten Pneumokokken-Erreger führen“.

„Ein weiterer Schritt, um die Zahl der Sepsis-Todesfälle zu reduzieren, ist es, die Resistenz von Bakterien gegenüber Antibiotika möglichst zu verhindern“, so die GSA. In diesem Sinne gilt es, die Medikamente nur dann einzusetzen, wenn sie wirklich indiziert sind – und nicht etwa bei Grippeviren, gegen die sie nicht wirksam sind. Die GSA „unterstützt jede Maßnahme, die zu einem vernünftigen und rationalisierten Gebrauch von Antibiotika in der medizinischen Versorgung und der Landwirtschaft beiträgt“. 

Schließlich sind Antibiotika eine wichtige Waffe gegen bakterielle Infektionen: Wo sie ihre Wirkung verlieren, kann es schnell um Leben und Tod gehen.

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