Demenz: Alle 3 Sekunden ein neuer Fall

Irgendwo auf der Erde entwickelt alle 3 Sekunden ein Mensch eine Demenz. Schon heute sind 55 Millionen Menschen betroffen. Es ist eine Schätzung, denn Expert:innen gehen davon aus, dass die Mehrheit von ihnen nicht diagnostiziert ist.

Alle 3 Sekunden: Das sind 20 pro Minute, 1.200 pro Stunde oder 28.800 neue Demenzerkrankte pro Tag. Alle 20 Jahre, so die Schätzungen, verdoppelt sich ihre Zahl. Die Fakten hat Alzheimer´s Disease International (ADI) zusammengetragen, ein Zusammenschluss von mehr als 100 Fachorganisationen. Demnach wird die Zahl der Betroffenen von aktuell rund 55 Millionen auf 78 Millionen (2030) bzw. 139 Millionen (2050) steigen (s. Grafik). 

Demenzerkrankungen erschüttern das ganze Sein des Menschen

Die Demenz beschreibt eine Gruppe von Erkrankungen, die durch eine anhaltende oder fortschreitende Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten gekennzeichnet sind. Gedächtnis, Denken und andere Hirnleistungen nehmen ab. Beim Bundesgesundheitsministerium heißt es: „Eine Demenz ist jedoch weitaus mehr als eine Gedächtnisstörung. In ihrem Verlauf kommt es auch zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, der Sprache, des Auffassungs- und Denkvermögens sowie der Orientierung. Somit erschüttert eine Demenzerkrankung das ganze Sein des Menschen – seine Wahrnehmung, sein Verhalten und sein Erleben.“ Die mit Abstand häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Erkrankung; sie macht nach Schätzungen circa 60 bis 65 Prozent der Fälle aus: Jede Alzheimer-Erkrankung ist eine Demenz, aber nicht jede Demenz ist eine Alzheimer-Erkrankung. Demenzerkrankungen sind eine der Schattenseiten des medizinischen Fortschritts, denn sie sind vorwiegend – aber nicht nur – eine Alterserscheinung. Dies gilt zumindest so lange, wie krankheitsmodifizierende Therapien rar sind.

Die vergangenen Jahre waren von Rückschlägen geprägt. Die Quote des Scheiterns von Wirkstoffen in der klinischen Entwicklung liegt bei erschütternden 99,6 Prozent (Pharma Fakten berichtete). Doch vergebens waren die Jahrzehnte der Forschung nicht: Das Wissen um das Verständnis der Krankheit ist stark gestiegen. Das belegt die wachsende Zahl neuer Wirkstoffe, die sich zurzeit in der Entwicklung befinden. Laut IQVIA Institute for Human Data Science sind die neurologischen Pipelines gut gefüllt: Bei den über 600 Projekten haben Wirkansätze gegen die Alzheimer-Erkrankung die Nase vorn – es sind zurzeit 127 Projekte, die die forschende Industrie vorantreibt (Pharma Fakten berichtete). Im vergangenen Jahr war in den USA das erste Mal seit fast zwei Jahrzehnten wieder ein Alzheimer-Medikament zugelassen worden, das allerdings für ein geteiltes Echo sorgte. Die Studiendaten weisen darauf hin, dass es mit dem Antikörper gelingt, die Progression von Alzheimer zu bremsen. In Europa ist eine Zulassung momentan nicht vorgesehen.

Demenzerkrankungen: Vorwiegend Alterserscheinungen. 
Foto: ©iStock.com/wildpixel
Demenzerkrankungen: Vorwiegend Alterserscheinungen.
Foto: ©iStock.com/wildpixel

Demenz: Die gesamtgesellschaftlichen Kosten werden sich verdoppeln

Neben unzureichenden Therapiemöglichkeiten ist auch die Diagnose von Demenzerkrankungen ein großes Problem. ADI geht davon aus, dass in den weiterentwickelten Ländern die Diagnoserate irgendwo zwischen 20 und 50 Prozent liegt, in Ländern mit mittleren oder niedrigen Einkommen aber die 10-Prozent-Marke selten überspringt. Dabei ist eine frühe Diagnose wichtig: Sie ermöglicht ein Gegensteuern durch Umstellung von Lebensgewohnheiten, die Teilnahme an klinischen Studien und ein Hinauszögern der Progression durch gezielte Trainings.

Demenzerkrankungen sind nicht nur für die Betroffenen und ihre Familien eine schwere Bürde, auch die gesamtgesellschaftlichen Kosten sind erheblich. Mit rund 1,3 Billionen Dollar schlägt die Krankheit schon heute weltweit zu Buche; eine Zahl, die sich in den kommenden 8 Jahren mehr als verdoppeln soll (2030: 2,8 Billionen US-$). Die direkten medizinischen Kosten machen dabei rund ein Fünftel der Kosten aus. 40 Prozent verschlingen die Ausgaben im sozialen Sektor und der Pflege.

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