Das SARS-CoV-2-Virus war in diesem Jahr nicht der einzige Erreger  mit dem sich die WHO befassen musste. Sie reagierte 2020 auf über 60 Notfälle weltweit. Foto: ©iStock.com/Natali_Mis
Das SARS-CoV-2-Virus war in diesem Jahr nicht der einzige Erreger mit dem sich die WHO befassen musste. Sie reagierte 2020 auf über 60 Notfälle weltweit. Foto: ©iStock.com/Natali_Mis

Coronapandemie: Eine von vielen Gesundheitskrisen im Jahr 2020

Auch für die Verantwortlichen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war es ein „außergewöhnliches Jahr“ – schließlich führten sie „den globalen Kampf gegen eine Jahrhundertpandemie“ an. Doch das „SARS-CoV-2-Virus, das COVID-19 verursacht, ist nicht der einzige Krankheitserreger, mit dem wir uns 2020 befassten; dieser Ausbruch war einer von vielen Gesundheitsnotfällen in unseren Büchern“, so die WHO.
WHO: Im Krisenjahr 2020 reagierte sie auf über 60 Notfälle weltweit. Foto: ©iStock.com/diegograndi
WHO: Im Krisenjahr 2020 reagierte sie auf über 60 Notfälle weltweit. Foto: ©iStock.com/diegograndi

„Viren machen nicht an Grenzen halt. Eine globale Gesundheitspolitik ist daher in einer zunehmend vernetzten Welt im Interesse aller“, schreibt die Bundesregierung in einem Beitrag über die WHO. Das gilt nicht erst seit Auftreten des neuartigen Coronavirus. „Zur Erinnerung: Der schwere Ebola-Ausbruch in Westafrika 2014/2015 ließ sich nur durch ein globales Krisenmanagement“ eindämmen. Die Koordination in solchen Fällen übernimmt die WHO.

So macht sie das auch in der COVID-19-Pandemie – eine große Herausforderung. Wer denkt, dass das 2020 das einzige Thema war, mit dem sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Organisation beschäftigten, der liegt falsch. Sehr falsch sogar: Insgesamt reagierte die WHO nach eigenen Angaben 2020 nämlich auf über 60 Notfälle weltweit.

Ein Beispiel: ein Ausbruch mit dem durch Stechmücken übertragbaren Chikungunya-Virus im zentralafrikanischen Binnenstaat Tschad von Juli bis September dieses Jahres; insgesamt 27.540 Fälle mit der Tropenkrankheit wurden registriert. Oder: die Explosionskatastrophe in Beirut, Libanon, am 4. August, wodurch 191 Menschen starben, über 6.500 verletzt wurden und mehrere Hunderttausende ihr Zuhause verloren (s. ZEIT Online). Man „kümmerte sich um Verletzte, bot psychische Betreuung für Gesundheitspersonal und in den Communities an und half, zerstörte Krankenhäuser wiederaufzubauen“, erklärt die WHO. Nach dem Brand im Geflüchteten-Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos (8. September 2020) leistete sie Hilfe, ebenso wie bei den verheerenden Überschwemmungen im Sudan oder den zerstörerischen Stürmen auf den Philippinen und in Vietnam.

Mit Impfungen gegen Gelbfieber

Mitte April 2020 wurden der WHO Gelbfieber-Erkrankungen im zentralafrikanischen Gabun und im westafrikanischen Togo gemeldet. Gelbfieber ist eine lebensbedrohliche Infektionskrankheit – ausgelöst durch Viren, die durch Mücken übertragen werden. Zu den Symptomen zählen grippeähnliche Beschwerden, Fieber, innere Blutungen, Gelbsucht und Nierenschäden. Endemisch ist das Virus in tropischen Regionen Afrikas sowie Zentral- und Südamerikas. Impfungen sind laut WHO „die Hauptinterventionsmaßnahme, um Gelbfieber zu verhindern und zu kontrollieren“. In urbanen Zentren gilt es zudem, die Mücken, die das Virus übertragen können, einzudämmen. Die WHO unterstützt lokale Behörden dabei, bei solchen Ausbrüchen Oberhand zu gewinnen.

Aufgrund der COVID-19-Pandemie sieht die WHO das Risiko, dass Routine-Impfungen nicht mehr so stattfinden wie zuvor. „Eine Unterbrechung von Immunisierungsleistungen – auch für eine kurze Zeit – wird die Zahl der anfälligen Menschen und die Wahrscheinlichkeit von Ausbrüchen mit impfpräventablen Erkrankungen erhöhen“, warnt sie.

Impfungen gegen Gelbfieber: Laut WHO die Hauptinterventionsmaßnahme. 
Foto: WHO/Olivier Asselin
Impfungen gegen Gelbfieber: Laut WHO die Hauptinterventionsmaßnahme.
Foto: WHO/Olivier Asselin

Sowohl Gabun als auch Togo gehören zu den Ländern, die im Fokus der globalen „Eliminate yellow fever epidemics (EYE)“-Strategie stehen, die mehrere Organisationen (WHO, UNICEF, die öffentlich-private Partnerschaft Gavi) ins Leben gerufen haben. Gemeinsam arbeiten sie u.a. daran, dass Menschen in Gelbfieber-Risikoländern umfassend Zugang zu Vakzinen erhalten. Denn: Die Gelbfieber-Impfung ist nicht nur „sicher“, und „kostengünstig“, sondern auch „äußerst wirksam“, so die WHO. „Eine einzelne Dosis […] genügt, um eine lebenslange Immunität und einen Schutz vor der Erkrankung zu gewährleisten“. Das Ziel von EYE: Gelbfieber-Epidemien bis 2026 ein Ende setzen.

Demokratische Republik Kongo: Von mehreren Epidemien gebeutelt

„Nach einem 18-monatigen Kampf in östlichen Teilen der Demokratischen Republik Kongo (DRC) beendeten wir gemeinsam mit der Regierung und unseren Partnern und Partnerinnen“ am 25. Juni 2020 „den weltweit bislang zweitgrößten Ebola-Ausbruch“ mit fast 3.500 Erkrankungsfällen, schreibt die WHO weiter. Wie? Indem tausende Gesundheitsarbeiter und -arbeiterinnen ausgebildet, 250.000 Ebola-Kontaktpersonen nachverfolgt und 220.000 Proben getestet wurden. Außerdem erhielten die Patientinnen und Patienten Zugang zu Behandlung; über 303.000 Menschen wurden geimpft, die Überlebenden nach ihrer Genesung gepflegt. Und das alles in einer Konfliktzone. „Das war einer der komplexesten Gesundheitsnotfälle“, der sie „je gegenüberstand“, sagt die WHO. Vor Kurzem wurde außerdem ein Ebolaausbruch im Westen des Landes (1. Juni bis 18. November 2020) für beendet erklärt.

Hinzu kam in der DRC von 2018 bis 2020 der weltweit größte Masernausbruch – über 7.000 Kinder starben. Im August dieses Jahres konnte die Republik das Ende des 25 Monate andauernden Ausbruchs erklären – trotz der Herausforderungen, die die Coronapandemie zusätzlich brachte. Laut der Impfallianz Gavi war das unter anderem einem Impfprogramm zu verdanken, im Rahmen dessen über 18 Millionen unter Fünfjährige gegen die lebensbedrohliche Infektionskrankheit immunisiert wurden.

DRC: Zweitgrößter Ebola-Ausbruch wurde im Juni beendet. ©iStock.com/Motortion
DRC: Zweitgrößter Ebola-Ausbruch wurde im Juni beendet. ©iStock.com/Motortion

Afrika frei von wildem Polio

Eine weitere Erfolgsmeldung kam 2020 aus Afrika: Den 25. August erklärte die Leiterin der unabhängigen Africa Regional Certification Commission (ARCC), Rose Leke, zu einem „historischen Tag“ – in allen 47 Ländern der Afrika-Region der WHO sei nun der Wildtyp des Poliovirus ausgerottet. Weltweit kämpfen nur noch Afghanistan und Pakistan dagegen an; in manchen Ländern gibt es außerdem eine seltene Form von Polio, die von Impfungen stammt.

Poliomyelitis – auch bekannt als Kinderlähmung – ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die vor allem Kinder unter fünf Jahren betrifft und innerhalb weniger Stunden zu Lähmung führen kann.

„Dem wilden Poliovirus in Afrika ein Ende gesetzt zu haben: Das zählt in unserer heutigen Zeit zu den größten Errungenschaften öffentlicher Gesundheit und dient uns allen als kraftvolle Inspiration, um die weltweite Polio-Ausrottung zu bewältigen“, erklärte WHO-Chef Dr Tedros Adhanom Ghebreyesus. Dr. Matshidiso Moeti, WHO Regionaldirektor für Afrika, warnte, man müsse achtsam bleiben und die Impfraten hochhalten. Denn so kann zum einen verhindert werden, dass das wilde Poliovirus zurückkommt – und zum anderen hat dann auch die von Impfungen stammende Polioform keine Chance.

Coronavirus-Pandemie: Hoffnung liegt auf Forschung

„Heute gibt es Impfungen gegen mehr als 20 lebensbedrohliche Erkrankungen“, so die WHO. Polio ist nur eine davon. Die Entscheidung über eine Zulassungsempfehlung für eine erste Vakzine gegen SARS-CoV-2 wird am 21. Dezember von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA erwartet. Diese Pandemie verlangt der gesamten Weltbevölkerung einiges ab: Über 77 Millionen Menschen sind seit ihrem Beginn an COVID-19 erkrankt, fast 1,7 Millionen gestorben (Stand: 21.12.). Die Lockdowns in vielen Ländern könnten zudem zu Rückschlägen in anderen Bereichen öffentlicher Gesundheit führen – zum Beispiel im Kampf gegen HIV bzw. AIDS (s. Pharma Fakten).

2020: Ein Jahr mit vielen Gesundheitskrisen weltweit. Foto: ©iStock.com/Natali_Mis
2020: Ein Jahr mit vielen Gesundheitskrisen weltweit. Foto: ©iStock.com/Natali_Mis

Aber die Pandemie treibt auch zu Höchstleistungen an: „Noch nie haben Pharma-Unternehmen und Forschungseinrichtungen so schnell auf einen neuen Erreger reagiert“, schreibt der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). In Ländern wie Großbritannien wurde bereits mit dem Impfen begonnen; in der EU könnte es bald auch soweit sein (s. Pharma Fakten). Aufgabe der COVAX Facility von WHO, Gavi und der CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) wird sein, dafür zu sorgen, dass Coronaimpfstoffe fair verteilt werden, „um Menschen in allen Ländern zu schützen“, so die WHO. 

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