Wie den Forschungsstandort Deutschland stärken? Konkrete Handlungsempfehlungen haben Vertreter:innen aus Forschung  Medizin  Pharma und Biotech-Branche erarbeitet. Foto: ©Juergen Sendel JS4
Wie den Forschungsstandort Deutschland stärken? Konkrete Handlungsempfehlungen haben Vertreter:innen aus Forschung Medizin Pharma und Biotech-Branche erarbeitet. Foto: ©Juergen Sendel JS4

Spitzenforschung in Deutschland – oder in anderen Ländern?

„Die deutsche Forschung liefert Spitzenleistung, besonders in der Pharma- und Biotechnologie, und trotzdem hängen uns andere Länder im internationalen Vergleich immer mehr ab“, erklärte Journalistin Jutta Neumann, die durch einen vom forschenden Pharmaunternehmen Novartis initiierten politischen Abend führte. Was muss passieren, um diesen Negativtrend zu brechen? Vertreter:innen aus Forschung, Medizin, Pharma und Biotech-Branche haben dazu konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet – und sie in ein Positionspapier gegossen. Es wurde nun der Politik übergeben.
Dr. med. Thomas Lang, Geschäftsführer Novartis Pharma in Deutschland. 
Foto: ©Daniel Karmann; Novartis
Dr. med. Thomas Lang, Geschäftsführer Novartis Pharma in Deutschland.
Foto: ©Daniel Karmann; Novartis

Die USA und China besetzen in der medizinischen Forschung die weltweiten Spitzenpositionen. Und auch in Europa ist Deutschland längst nicht mehr die Nummer 1, wenn es um die Zahl der Industrie-veranlassten klinischen Studien geht. Spanien hat der Bundesrepublik den Rang abgelaufen. Doch Tatsache ist: Gerade für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland mitsamt seiner alternden Bevölkerung ist Forschung von zentraler Bedeutung für Gesundheit, den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit.

Für Dr. med. Thomas Lang, Geschäftsführer Novartis Pharma in Deutschland, ist daher klar: „Es gibt einiges zu tun.“ Er sieht eine „gemeinsame Initiative von Politik, Wissenschaft und Industrie zur Stärkung der Spitzenforschung in Deutschland“ vonnöten.

Sparmaßnahmen, die die forschende Industrie treffen – so wie etwa im jüngst veröffentlichten ersten Entwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes angedacht – konterkarieren dieses Vorhaben: Derartige Maßnahmen seien geeignet, „die Innovationskraft in Deutschland zu dämpfen“, erläuterte Dr. Lang auf der Veranstaltung. Pharmaverbände hatten die Pläne der Politik bereits in den vergangenen Tagen deutlich kritisiert – so etwa vfa-Präsident Han Steutel: „Wem politisch zu einer dynamischen Innovationsbranche wie unserer nichts anderes einfällt als Pauschalstrafen aus der Verwaltungsmottenkiste zu verhängen, steht für vieles. Aber nicht für Aufbruch“. An die internationale Investorenszene sende das ein „verheerendes Signal“.

Innovationskraft stärken anstatt dämpfen

„Will der Forschungsstandort Deutschland international wettbewerbsfähig bleiben, müssen in den Lebenswissenschaften alle Bereiche der Wertschöpfungskette umfassend analysiert und durch spezifische Maßnahmen gefördert werden“, heißt es in dem Positionspapier, das ein Bündnis aus Forschungsinstituten, universitären Einrichtungen, Investoren und Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft veröffentlicht hat. Während des politischen Abends übergab Dr. Lang es nun offiziell an Dr. h. c. Thomas Sattelberger (FDP) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Foto: ©iStock.com/metamorworks
Foto: ©iStock.com/metamorworks

Ziel des Bündnisses ist es nach eigenen Angaben einen Beitrag zu leisten, „dass Rahmenbedingungen für erstklassige Forschung in Deutschland verbessert werden“ – und „das Signet ‚Innovated in Germany’ als international anerkanntes Qualitätssiegel zu etablieren.“

Für Novartis-Deutschlandchef Dr. Lang spielt hierbei insbesondere der Bürokratieabbau eine Rolle: „Gerade im Bereich der klinischen Forschung sehen wir, dass […] der Dokumentationsaufwand steigt, dass sich die Bearbeitungszeiten teilweise verlängern. Das machen andere Länder schneller und einfacher“. Laut dem Positionspapier müssen sich Studiensponsoren derzeit etwa „mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bestimmungen zum Datenschutz und zu Vorgaben der Ethikkommission(en) auseinanderzusetzen.“ Stichwort: Föderalismus – es braucht mehr Harmonisierung und klare Vorgaben.

Überhaupt: Beim Umgang mit Datenschutz-Regeln liegt hierzulande so einiges im Argen. „Ein Blick nach Finnland, Frankreich, Spanien oder andere Länder zeigt, dass unter Anwendung desselben EU-Datenschutzrechts eine klarer strukturierte und ‚forschungsfreundlichere’ Organisation der Datennutzung möglich ist“, heißt es in dem Papier. Nötig sei allerdings ein „Kulturwandel im Umgang mit dem Datenschutz, der nicht im Widerspruch zur Datennutzung stehen muss.“ Es gehe um „die sichere Verwendung von personenbezogenen Daten“. So sei es wichtig, anonymisierte Daten von Patient:innen für öffentliche und private Forschung nutzbar zu machen.

Spitzenforschung in Deutschland: Mehr Mut

Patient:innen-Versorgung mit innovativen Medikamenten. Foto: ©iStock.com/Inside Creative House
Patient:innen-Versorgung mit innovativen Medikamenten. Foto: ©iStock.com/Inside Creative House

Insgesamt umfasst das Positionspapier sieben Handlungsfelder: Die Verantwortlichen plädieren darin unter anderem für eine stärkere Nutzung von Telemedizin, um dezentrale klinische Studien durchzuführen – das „beschleunigt die Therapieentwicklung, erleichtert die Gewinnung von Studienpatient:innen und trägt zur Vernetzung der Studienzentren bei.“ Ein anderes Thema: „In Deutschland bleiben viele innovative Errungenschaften im ‚Valley of Death’, der Lücke zwischen Forschungsergebnis und Anwendung, verschollen.“ Um das zu ändern, brauche es „mehr Wagniskapital und öffentliche Förderungen zur Forschungsfinanzierung“. Dazu sind „auch steuerliche Anreize für die Mobilisierung privaten Kapitals […] notwendig, um Investitionen in Biotech- und andere innovative Start-ups anzuregen.“

Dr. Lang, Novartis, resümierte am Ende der Veranstaltung: „Was wir alle brauchen, ist ein bisschen mehr Mut.“ Er wolle dazu aufrufen, „dass wir die Dinge anpacken, die wichtig sind für Deutschland.“ Schließlich geht es nicht nur um Spitzentechnologien und innovative Forschung. Letztlich geht es um die Versorgung von Patient:innen mit innovativen Medikamenten.

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