Arzneimittelbewertung: „Reale“ Versorgungsdaten gewinnen an Bedeutung

Wie hilfreich ist der Gebrauch von Real World Data aus der Versorgung für die Bewertung und Beurteilung von Arzneimitteln? Darüber besteht unter Experten in ganz Europa Uneinigkeit. Nichtsdestotrotz: Die Verwendung von Evidenz, die aus diesen Daten gezogen wird, nimmt zu. Dies hat das Beratungsunternehmen IQVIA festgestellt.

Eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) ist der Goldstandard in der Forschung, wenn es darum geht, Wirksamkeit und Sicherheit einer neuen Therapie zu belegen. Die Probanden werden hier nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) in zwei Gruppen unterteilt: Die eine erhält einen Arzneimittelkandidaten; die andere beispielsweise ein Placebo. Durch den Vergleich dieser beiden Gruppen können Wissenschaftler den Effekt des getesteten Wirkstoffes auf die Studienteilnehmer untersuchen. Generell gilt: RCTs finden in einem streng kontrollierten, klinischen Umfeld statt. Genau aus diesem Grund können ihre Aussagen aber auch begrenzt sein. Sie spiegeln nicht den Versorgungsalltag in der breiten Masse wider. Immer wieder diskutieren Experten daher über den ergänzenden Einsatz von Versorgungsdaten, die in der „echten“ Welt gemessen werden.

Die Evidenz, die aus diesen Daten gezogen wird, hatte lange Zeit ihren Einsatz erst nach Markeinführung, wenn es z. B. im Rahmen der Pharmakovigilanz um die Sicherheit eines Medikaments geht. Doch inzwischen – so IQVIA – habe sich das Anwendungsgebiet der „Real World Evidence“ (RWE) ausgeweitet. Mancherorts, wie im Vereinigten Königreich (UK), wird RWE etwa dann berücksichtigt, wenn nur begrenzt Daten aus RCTs zur Verfügung stehen. So ist das zum Beispiel bei seltenen Erkrankungen der Fall. „Heutzutage finden wir ein breites Spektrum an Bereichen entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produktes, in denen RWE zum Einsatz kommt – sowohl in der Phase vor als auch in der Phase nach Markteinführung“, schreibt IQVIA in seinem Bericht. So kann RWE zum Beispiel auch dabei helfen, eine Arzneimittelinnovation im Vorfeld besser einzuordnen, indem sie Aufschluss über Themen wie die aktuelle Krankheitslast, den medizinischen Bedarf oder die Größe der Zielpatientenpopulation gibt.

Vereinigtes Königreich: Vorreiter

RWE findet in den Ländern in Europa heutzutage unterschiedlich stark Verwendung (s. Grafik). Während sie in Deutschland noch recht zögerlich eingesetzt wird, ist das Vereinigte Königreich laut IQVIA absoluter Vorreiter. Das Beratungsunternehmen geht jedoch davon aus, dass die Akzeptanz von RWE in den nächsten fünf Jahren europaweit wachsen wird. Irgendwann wird RWE, so IQVIA, nicht mehr wegzudenken sein: ein „nice to have“ wandelt sich dann in ein „must have“.

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