Der Deutsche Bundestag befasst sich mit einer Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes. Das sieht Einschränkungen bei der Tabakwerbung vor. Das reicht nicht  sagen führende Gesundheitsexperten. Foto: CC0 (Stencil)
Der Deutsche Bundestag befasst sich mit einer Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes. Das sieht Einschränkungen bei der Tabakwerbung vor. Das reicht nicht sagen führende Gesundheitsexperten. Foto: CC0 (Stencil)

Tabakwerbung? „Rote Karte“ sagen deutsche Krebsexperten

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages befassen sich zurzeit mit einer Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes. Das sieht Einschränkungen bei der Tabakwerbung vor. Durchaus lobenswert sei diese Initiative, sagen führende Gesundheitsexperten. Aber bei weitem nicht genug.
Rote Karte für Tabakwerbung
Rote Karte für Tabakwerbung

Tabakwerbung einschränken? Ein Thema, bei dem Deutschland im internationalen Vergleich hinterherläuft. Mit einer Gesetzesänderung will die Bundesregierung deshalb nachschärfen. Führenden Gesundheitsexperten reicht das nicht, denn es gibt Ausnahmen: So soll Tabakwerbung im Kino weiter erlaubt sein (zumindest bei Filmen ab 18 Jahren). Auch Werbung am Verkaufstresen von Tankstellen ist von einem Verbot ausgenommen.

Fazit der Unterzeichner von „Rote Karte für Tabakwerbung“ – darunter auch Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr: Nur ein Drittel der bisherigen Werbung ist von den strengeren Regeln erfasst und es gibt lange Übergangsregeln. Sie richten sich mit einem Appell an die Volksvertreter und fordern ein umfassendes Werbeverbot.

Es ist ein Appel mit Gewicht: Unter ihnen befinden sich die profiliertesten Onkologen des Landes. Und die wissen, wovon sie reden:

  • Rauchen ist nach wie vor die häufigste, vermeidbare Ursache für eine Krebserkrankung bzw. Todesursache in den Industrieländern. Knapp 125.000 Menschen starben in Deutschland im letzten Jahr an den Folgen. Knapp 15 Prozent aller Todesfälle in Deutschland werden durch Rauchen verursacht.
  • Vier von fünf Todesfälle bei Lungenkrebs lassen sich eindeutig auf Rauchen zurückführen. Rauchen ist darüber hinaus mitverantwortlich für eine ganze Reihe von weiteren Krebserkrankungen, wie z.B. Darm-, Blasen- und Nierenkrebs. Von einer Vielzahl von Herzkreislauferkrankungen ganz zu schweigen.
  • 12 von Hundert der 11 bis 17jährigen Jugendlichen rauchen. In der Altersstufe 25 bis 29 Jahre ist es rund jeder Dritte. Von den Rauchern, die älter als 40 Jahre sind, kommt ein Viertel auf über 20 Zigaretten am Tag.
  • Gleichzeitig hält der Trend zu E-Zigaretten an: Knapp 20 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben an, zu den von der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften als gesundheitsgefährlich eingestuften Alternativen zu greifen.
  • Raucher schaden nicht nur sich, sondern auch andere: Bis zu 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen ist den gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Passivrauchen ausgesetzt.
Mitunterzeichner: Prof. Dr. von Kalle, Prof. von Bergwelt, Prof. Hallek. Fotos (in Reihenfolge): Wiebke Peitz Charité, privat, Michael Wodak Universitätsklinikum Köln
Mitunterzeichner: Prof. Dr. von Kalle, Prof. von Bergwelt, Prof. Hallek. Fotos (in Reihenfolge): Wiebke Peitz Charité, privat, Michael Wodak Universitätsklinikum Köln

Auch für diejenigen unter den Rauchern, die auf den Fortschritt in der Medizin hoffen, haben die Experten, die sich u.a. in der Initiative „Vision Zero – Die Neuvermessung der Onkologie“ für einen konzertierten Kampf gegen Tumorerkrankungen einsetzen (Pharma Fakten berichtete), einen Dämpfer parat: Die Prognose bei (fortgeschrittenem) Lungenkrebs ist trotz aller Fortschritte der vergangenen Jahre weiterhin äußerst schlecht.

Schutz vor Tabakerzeugnissen? Deutschland läuft hinterher

Fakt ist: Kein europäischer Nachbarstaat erlaubt heute noch Außerwerbung für Tabakprodukte. Der jetzt diskutierte Entwurf sieht vor, sie auch in Deutschland zu verbieten – allerdings erst ab 2022.

Schutz vor Tabakerzeugnissen? Deutschland läuft hinterher. Foto: CC0 (Stencil)
Schutz vor Tabakerzeugnissen? Deutschland läuft hinterher. Foto: CC0 (Stencil)

Aber für die Experten hinter der „Roten Karte“ springt das alles zu kurz. 300.000 im Land verteilte Zigarettenautomaten machen den Zugang leicht. Aber sie glauben auch, dass es nicht reicht, junge Menschen davon zu überzeugen, erst gar nicht mit dem Rauchen anzufangen, wenn sich die Folgen erst in 20 oder 30 Jahren bemerkbar machen. „Wichtig ist deshalb alle Raucher anzusprechen und Raucherentwöhnungsprojekte zu organisieren“, heißt es in den geschalteten Anzeigen.

In Großbritannien ist man da konsequenter: Dort kostet eine Schachtel Zigaretten doppelt so viel wie hierzulande und ein umfassendes Werbeverbot gibt es auch.

Rund 14 Milliarden nimmt der Staat durch die Tabaksteuer ein, schreiben die Unterzeichner – pro Bürger sind das 17 Euro. Für Präventionskampagnen und Hilfe zum Ausstieg hingegen werden gerade mal 4 Cent pro Bürger investiert.

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