Rund 25.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an Darmkrebs. Dazu müsste es nicht kommen. Bild: ©iStock.com/peterschreiber.media
Rund 25.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an Darmkrebs. Dazu müsste es nicht kommen. Bild: ©iStock.com/peterschreiber.media

Darmkrebs: Erkrankungen und Todesfälle vermeiden

Welch großen Wert Prävention und Frühdiagnostik im Gesundheitswesen haben können, zeigt kaum ein Beispiel besser als der Darmkrebs: Rund 25.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an diesem Tumor. Dabei müsste es nicht so weit kommen. Denn viele Erkrankungs- und Sterbefälle ließen sich mittels Vorsorge bzw. frühzeitiger Behandlung verhindern. Immerhin: Eine zunehmende Zahl an Menschen nutzt die präventive Darmspiegelung.

„Bei etwa 90 Prozent aller Fälle entsteht Darmkrebs (kolorektales Karzinom) aus vorerst gutartigen Darmpolypen“, schreibt die Felix Burda Stiftung auf ihrer Webseite darmkrebs.de. Werden diese rechtzeitig gefunden, können sie in vielen Fällen entfernt werden – bevor sich daraus ein bösartiger Tumor entwickelt. 

Hinzu kommt, dass Darmkrebs heilbar ist – vor allem, wenn er frühzeitig diagnostiziert wird. Je nach Tumor sowie Zustand des Patienten kommen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten in Frage – z.B. eine Operation, Chemo- und Strahlentherapie oder auch sogenannte zielgerichtete Medikamente, die in fortgeschrittenem Stadium eingesetzt werden können. Je „früher der Darmkrebs entdeckt wurde, je niedriger also das Krankheitsstadium, desto höher sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Behandlung“, heißt es bei darmkrebs.de.

Einteilen lässt sich Darmkrebs in vier Stadien. Stadium 0 meint die früheste Form: Der Tumor ist klein; die Krebszellen befinden sich in den oberen Schichten der Darmschleimhaut. Die Heilungschancen sind „ganz hervorragend“, so die Felix Burda Stiftung. Selbst in den Stadien I und II sind die Prognosen noch relativ gut. In Stadium III leben nach fünf Jahren noch etwa 50 bis 80 von hundert Patienten. Von Stadium IV ist die Rede, wenn der Tumor in andere Organe gestreut hat. Es sind „nach fünf Jahren nur noch etwa acht von 100 Patienten am Leben“. Aber auch hier stehen heute innovative Arzneimittel zur Behandlung von metastasiertem Darmkrebs zur Verfügung.

Krebs: Prävention und Früherkennung

Gefahr Darmkrebs. Bild: ©iStock.com/peterschreiber.media
Gefahr Darmkrebs. Bild: ©iStock.com/peterschreiber.media

Trotz der medizinischen Fortschritte bei fortgeschrittenem Tumor gilt: Regelmäßige Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen – zur Vermeidung oder frühzeitigen Behandlung – spielen bei Darmkrebs eine besonders wichtige Rolle. Prof. Dr. von Kalle erklärte jüngst im Interview mit Pharma Fakten: „Wir verlieren jedes Jahr mehr als 20.000 Menschen an den Darmkrebs, der zu guten Teilen zu verhindern wäre, wenn wir nur die bestehenden Möglichkeiten dazu ausschöpfen würden“. 

Überhaupt: Wenn es darum geht, vermeidbaren Krebsfällen den Kampf anzusagen, ist in Deutschland in einigen Bereichen noch Luft nach oben. Ein Dorn im Auge ist von Kalle zum Beispiel auch der „mit riesigem finanziellem Aufwand beworbene Zigarettenkonsum“.

Die Deutsche Krebsgesellschaft bestätigt: „Rund ein Drittel aller Krebserkrankungen gehen vermutlich auf das Konto von Tabakrauch – bei den Organen, die mit dem Rauch direkt in Verbindung kommen, wie Mundhöhle, Kehlkopf und Lunge sind es bis zu 90 Prozent“. Von Kalle kritisiert vor diesem Hintergrund, dass Prävention „nicht Teil eines fest definierten Aufgabenspektrums in unserem Gesundheitswesen“ ist. Soll heißen: Niemand übernimmt so richtig die Verantwortung.

Seit 2019: Darmkrebs-Screening mittels Einladungsverfahren

Zumindest im Bereich Darmkrebs hat sich in den vergangenen Jahren etwas getan. In der 2018 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossenen Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme wurde „verankert, dass das Darmkrebs-Screening als organisiertes Programm gestaltet werden soll“, erklärt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Seit Juli 2019 versenden die gesetzlichen und privaten Krankenkassen Einladungsschreiben an ihre Versicherten ab einem Alter von 50 Jahren. Mit dabei: Informationen zu Darmkrebs und den Möglichkeiten der Vorbeugung und Früherkennung. Mittels immunologischer Stuhltests lässt sich sog. okkultes (verborgenes) Blut nachweisen; noch verlässlicher, um Darmkrebs und dessen Vorstufen zu erkennen, ist die Koloskopie (Darmspiegelung). Das Ganze ist freiwillig.

Eine Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zeigt, dass die „Anzahl der vertragsärztlichen Untersuchungen zur Früherkennungskoloskopie im Rahmen der Darmkrebsvorsorge“ 2019 „stark zugenommen“ hat. Im vergangenen Jahr wurden 512.428 Patienten entsprechend untersucht – das entspricht einem relativen Zuwachs von 14,4 Prozent im Vergleich zu 2018. Da spielt zwar auch die Absenkung des Alters für teilnahmeberechtigte Männer auf 50 Jahre seit 19. April 2019 mit rein; aber die zentrale Rolle kommt wohl dem zum 1. Juli 2019 eingeführten Einladungsverfahren zu. Darauf deutet die „besonders starke Zunahme im dritten und vierten Quartal“ hin, „in denen die Zuwachsquoten bei 24,3 Prozent bzw. 19,9 Prozent lagen“, erklärt Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried.

Darmkrebsprävention und -früherkennung: Da geht noch was

Personen, in deren engster Familie bereits Erkrankungen an Darmkrebs aufgetreten sind haben ein erhöhtes familiäres Risiko. Foto: CC0 (Stencil)
Personen, in deren engster Familie bereits Erkrankungen an Darmkrebs aufgetreten sind haben ein erhöhtes familiäres Risiko. Foto: CC0 (Stencil)

Trotz der positiven Entwicklung sieht der Experte bei der Inanspruchnahme der Koloskopie „Luft nach oben“. Schließlich haben die Screening-Methoden – insbesondere die Spiegelung – ein „hohes Potenzial für die Prävention und Früherkennung von Darmkrebs“. 

Auch darüber hinaus lässt sich an den Maßnahmen zur Vorbeugung und Frühdiagnose von Darmkrebs hierzulande wohl noch feilen. Ein Beispiel: Das gesetzliche Screening beginnt momentan ab einem Alter von 50 Jahren. Personen, in deren engster Familie bereits Erkrankungen an Darmkrebs aufgetreten sind und die ein erhöhtes familiäres Risiko haben, sollten laut einer Untersuchung in der Fachzeitschrift Gastroenterology aber besser früher mit dem Screening beginnen als andere. Denn: Sie erkranken oft schon in jüngeren Jahren. 

Davon berichtet die Deutsche Krebsgesellschaft. „Bei der Erfragung der Krankengeschichte können Ärzte diejenigen identifizieren, die ein erhöhtes familiäres Risiko für Darmkrebs haben“, meint die DKG

Die Verantwortlichen von „Vision-Zero-2020“ – eine Initiative führender Onkologen – wollen ebenfalls, dass noch mehr getan wird, damit Darmkrebs gar nicht erst ausbrechen kann. Von „intelligenten und maßgeschneiderten Präventionskonzepten“ ist die Rede. Wie diese aussehen können? Das wird Thema eines Symposiums sein, das am 20. Oktober in Berlin stattfindet: https://www.vision-zero-2020.de/.

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